Können sie den Mörder stoppen, bevor er erneut zuschlägt?

So einen exzentrisch exponierten Toten hat der Hamburger Kommissar Thies Knudsen, leitender Ermittler des LKA in Altona, noch nie gesehen: Die hölzerne Kunstfigur „Bojenmann,“ die bei Övelgönne im Fluss auf einer Tonne steht, ist über Nacht abgesägt und ausgetauscht worden. Durch eine ähnlich aussehende, besonders makabre Leiche. Knudsen und sein Team, die toughe Dörte Eichhorn und die Forensikerin „Spusi“ Diercks, sind ratlos. War hier ein Spinner am Werk? Oder steckt mehr dahinter? Schon bald ist klar: Ein Serientäter sucht Hamburg heim, denn weitere kunstvoll hergerichtete Opfer folgen.

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Ein kalter Wind rüttelte an den Fensterläden des kleinen denkmalgeschützten Hauses unten in Övelgönne. Oke Andersen saß in seinem Lieblingssessel in der Dunkelheit und sah hinaus auf die Elbe. Ein großes Containerschiff schob sich gerade von rechts in sein Blickfeld. Die Colombo Express von der Reederei Hapag Lloyd auf ihrem Weg in den Hamburger Hafen. Größter und gierigster Leistungsträger der Globalisierung. Beladen mit knapp zehntausend Containern, angetrieben von rund neunzigtausend PS. Dreimal so viel wie die Titanic. Fuhr im Laufe ihres Lebens ca. fünfzehn Mal zum Mond und zurück. Verbrauchte ca. dreihundert Tonnen Schweröl – pro Tag. Einmal volltanken derzeit 5,4 Millionen Euro, wusste Andersen. Natürlich.
Schiffe und Philosophie waren seine Leidenschaft. Als Lotse a.D. kannte Oke Andersen die Elbe und all ihre Untiefen wie kein Zweiter. Jetzt, im Ruhestand, hatte der Junggeselle endlich Zeit für seine zweite Leidenschaft, das Lesen. Vor allem die Philosophie hatte es ihm angetan. Den Unsinn des Lebens mit Sinn füllen. Weil Oke Andersen gern Kant, Plato, Schopenhauer und andere Philosophen zitierte, hatten ihm seine Kollegen vor Jahren den Spitznamen La Lotse gegeben. Passte. Er mochte Laotse, den alten, chinesischen Weisen, der stets nach dem rechten Weg und einem tugendhaften Leben suchte. So wie Andersen ein Berufsleben lang Fahrwasser für die Ozeanriesen gesucht hatte. Erst als Kapitän bei der Reederei Horn, später, etwas sesshafter geworden, von Finkenwerder aus die letzten Seemeilen die Elbe hoch – als Hafenlotse. Als derjenige, der die Schlepper von der Brücke aus dirigierte, der dafür sorgte, dass auf den letzten Metern nichts schieflief und die dicken Pötte sicher an der Pier festmachten.
Andersen sah mit seinem Fernglas der Colombo Express hinterher. Er wusste: Oben auf der Brücke stand ein revierkundiger Nautiker, Kollege Schömel wahrscheinlich, einer wie er, Mitglied in der Lotsenbrüderschaft. Er schwenkte das Fernglas weiter Richtung Ufer. Sein Blick streifte den »Bojenmann«, eine hölzerne Menschenfigur aus Eiche. Ein frei schwimmendes Kunstwerk, erschaffen vom Bildhauer Stephan Balkenhol, montiert auf einer Boje mit einem steinernen Anker. Zwar außerhalb des Fahrwassers, trotzdem ein unnötiges Hindernis aus seemännischer Sicht. Außerdem fröstelte Andersen immer leicht, wenn er die Gestalt sah, die sieben Monate im Jahr reglos im Wasser auf die andere Seite der Elbe starrte, bevor sie Ende Oktober wieder in ihr Winterquartier kam. Er legte das Fernglas auf das Fensterbrett, knipste die Stehlampe neben seinem Sessel an und griff zu Friedrich Nietzsches Jenseits von Gut und Böse. Nicht wissend, dass das Böse ganz in seiner Nähe war.
Unten am Fluss. Keine einhundertfünfzig Meter von seinem Fenster entfernt.
* * *
Wie viele Tage mochte der Tod wohl schon so dagestanden haben? Mit leicht abstehenden Armen wie kurz vor einem Duell: schwarze Hose, weißes Hemd, etwa einen Meter siebzig groß, dunkle Haare, Seitenscheitel. Auf den ersten Blick sah er aus wie der echte Bojenmann. Bis man ihm ins Gesicht sah, dachte Kommissar Thies Knudsen.
Er hatte schon viele Tote gesehen. Mehr als genug. Weiß Gott. Junge, alte, hübsche, hässliche, bös entstellte, zerstückelte, aber so was? Eine Leiche, wie schockgefroren. Hart und trocken wie eine moderne Mumie. Das hatte er noch nie gesehen. Es war bizarr.
Da stand einer kerzengerade in der Elbe, fast dynamisch, mit guter Körperspannung, wie für die Ewigkeit gemacht. Fast wie das Original aus witterungsbeständigem Eichenholz. Und niemand hatte etwas bemerkt. Bis schließlich ein Paddler mit seinem Kajak ganz dicht am Bojenmann vorbeigefahren war, um ein schnelles Selfie zu machen, bevor ihn die Strömung vorbeitreiben ließ. Doch auch der hatte erst hinterher, Stunden später, zu Hause beim Betrachten gemerkt, dass da etwas nicht stimmte. Und zwar ganz entschieden nicht. Der Bojenmann hatte beim Reinzoomen auf einmal ganz anders ausgesehen. So echt irgendwie. Wie aus einem Horrorfilm. Grotesk. Der Mann hatte die Polizei angerufen. Eine Streife war ans Elbufer gefahren, und kurz darauf waren auch die Feuerwehr und ein Boot der Wasserschutzpolizei vor Ort.
Die Kollegen hatten den Bojenmann inspiziert und schnell erkannt, dass der wohl ein Fall für das Landeskriminalamt war. Und jetzt stand Thies Knudsen, leitender Ermittler des LKA 12, Region Altona, an der Elbe und wunderte sich. Wie vielleicht noch nie zuvor in seinem Leben.
Wer machte sich so viel Mühe, einen Toten auf diese Weise zu präparieren und aufzubahren? Und warum? Ausgerechnet am Elbuferwanderweg. Im Herbst. Keine fünfzig Meter vom Strand entfernt. In Övelgönne. Mitten im Fluss. Eine makabre Clownerie? Allein der Fundort! Straftat hin oder her. Da hatte sich einer echt Mühe gegeben. Das hier erinnerte eher an eine perverse Performance als an einen gewöhnlichen Mord. Wasserstraßenkunst vielleicht. Fehlte nur noch, dass der Täter einen Hut vor sein Opfer auf den Sockel der Boje gestellt hätte.
An einem sonnigen Tag kamen hier Hunderte, ja Tausende von Passanten vorbei. Nicht wenige davon kehrten in der Strandperle oder im Ahoi mit Blick auf den Bojenmann ein und bestellten Lachsbrötchen oder Pizza. Im Sommer schwammen neuerdings immer welche zu ihm herüber. Benutzten die Tonne als Badeplattform. Sonnten sich auf dem Sockel. Das führte zwangsläufig zu der Frage: Warum hatte niemand etwas gemerkt? Wahrscheinlich lag es daran, dass der Tote den Spaziergängern verächtlich den Rücken zugewandt hatte. Bis dann eben dieser Selfie-Sportler trotz herbstlicher Temperaturen die Elbe hochgepaddelt war.
Knudsens Kollegin, die Forensikerin Susi Diercks, Rufname »Spusi«, war zusammen mit ein paar Kollegen gerade dabei, sich den Toten schon mal vor Ort auf der schwankenden Boje anzusehen und Spuren zu sichern. Knudsen wusste, dass Spusi schnell seekrank wurde. Schon beim Anblick von Wasser wurde ihr schlecht, hatte sie mal gemeint. Aber die Elbe absperren lassen, das Tor zur Welt also einen Tag lang für die Leiterin der Kriminaltechnik dichtzumachen und den Hamburger Hafen lahmzulegen, nur damit der Bojenmann stillhielt? Wunschdenken. Das bekam nicht einmal die Kripo hin – die halbe Weltwirtschaft für einen Tag lahmzulegen. Und die Containerschiffe stattdessen in Bremerhaven löschen zu lassen. Vergiss es, dachte Knudsen. »Ich glaub, ich kleb mir gleich eines von diesen Pflastern hinters Ohr…«, hatte Spusi gemurmelt und sich dann von der Wasserschutzpolizei zum toten Bojenmann bringen lassen.
Eine Frau, die Maden aus fauligstem Fleisch pulte, die uralte Mageninhalte ohne Gasmaske untersuchen konnte, die die unerträglichsten Gerüche und Anblicke ertrug, lief Gefahr, ein erstes Mal sozusagen dienstlich zu kotzen. Heimlich freute sich Knudsen schon auf ihren Bericht, der Abwechslung im Alltag eines Kommissars versprach.
Mit leicht blassem Teint kam sie gut eine Stunde später auf Knudsen zu, der immer noch beobachtend am Ufer stand, stellte den Koffer ab, zog die Handschuhe aus und sagte:
»Thies, frag nicht, so was hab ich noch nie gesehen, gelesen schon, ja, aber gesehen noch nie.«

Das sagen die Leser

Neuer Krimistart

Von: Michaela
26.07.2023

Inhalt:
So einen exzentrisch exponierten Toten hat der Hamburger Kommissar Thies Knudsen, leitender Ermittler des LKA in Altona, noch nie gesehen: Die hölzerne Kunstfigur „Bojenmann,“ die bei Övelgönne im Fluss auf einer Tonne steht, ist über Nacht abgesägt und ausgetauscht worden. Durch eine ähnlich aussehende, besonders makabre Leiche. Knudsen und sein Team, die toughe Dörte Eichhorn und die Forensikerin „Spusi“ Diercks, sind ratlos. War hier ein Spinner am Werk? Oder steckt mehr dahinter? Schon bald ist klar: Ein Serientäter sucht Hamburg heim, denn weitere kunstvoll hergerichtete Opfer folgen. Kommissar Knudsen tut schließlich das, was er immer tut, wenn er nicht weiter weiß: er fragt seinen alten Freund Oke La Lotse Andersen um Rat. Der ehemalige Lotse lebt direkt an der Elbe in Övelgönne, unweit vom Tatort, hat Elbwasser im Blut, kennt sich bestens aus im Hafen der Hansestadt, ist außerdem belesen und denkt scharf. Andersen bringt Knudsen und sein Team schließlich auf die richtige Spur. Sie führt zu einem Mann, der seit Jahren verschwunden ist - und einer internationalen Seemannsmission, dem Duckdalben. Hier laufen alle Fäden zusammen. Doch können sie den Mörder stoppen, bevor er erneut zuschlägt?

Meine Meinung:
Was für ein toller Einstieg in eine neue Krimireihe. Ich war bereits ab der ersten Seite mitten im Geschehen und konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen.
Der Schreibstil ist sehr flüssig, spannend und flüssig und wird immer wieder durch viele Informationen über Hamburg aufgelockert. Das gefällt mir richtig gut. Obwohl ich Hamburg kenne, war mir so einiges noch nicht bekannt.
Die Charaktere sind richtig gut ausgewählt und man bekommt ziemlich schnell einen sehr engen Bezug zu ihnen. Gerade Thies und Dörte sind mir ganz schnell ans Herz gewachsen. Die beiden sind einfach toll und man spürt immer wieder dieses Knistern zwischen ihnen, auch wenn sie versuchen die Distanz beizubehalten. Thies als Chef finde ich auch richtig gut. Er stellt sich immer wieder vor seine Mitarbeiter. Und Dörte mit ihrem tollen Mops, ach wie gut kann ich sie verstehen, das er sie immer wieder aufheitert.
Der eigentliche Fall hat es auch in sich. Immer wieder kommt es zu verschiedenen Wendungen bevor die losen Fäden endlich zusammen laufen und die Ermittler auf die richtige Spur kommen.
Mich hat dieses Buch wirklich komplett überzeugt und ich freue mich auf weitere Fälle dieses tollen Ermittlerteams.

Mein Fazit:
Ganz klare Leseempfehlung. Volle 5 Sterne.

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Sehr angetan!

Von: Diamondgirl
11.07.2023

Ein Mörder geht in Hamburg um und drapiert seine Leichen kunstvoll hergerichtet an verschiedenen Orten rund um den Hamburger Hafen und die Elbe. Kommissar Thies Knudsen nebst Kollegin Dörte Eichhorn tappen lange im Dunkeln. Gut, dass der pensionierte Kapitän Oke "La Lotse" Andersen ihnen Unterstützung bietet und Knudsen auch oft genug Beistand in allen Lebenslagen.

Ein neues Ermittlergespann bereichert die norddeutsche Krimiszene. Gerade der nordische trockene Humor und Charme der Protagonisten macht diesen Krimi zu einem echten Vergnügen.
Dabei spart auch die teils etwas bizarre Handlung nicht mit humorigen Ansätzen und zahlreiche Anspielungen auf das echte Leben machen einfach Spaß.
Die Charaktere sind rundweg gelungen und ich warte förmlich darauf, dass es verfilmt wird. Die Story ist spannend bis zum Schluss und unterhält ausgezeichnet.
Als kleinen Minuspunkt muss ich anmerken, dass es einen Cliffhanger gibt und das Buch nicht vollständig abschließt. Es wird auf dem Einband zwar angedeutet, dass es sich um den Start einer neuen Reihe handelt, dass jedoch das Buch nicht wirklich den Fall beendet sondern mit einer Art "to be continued" schließt, steht nicht erwähnt. Ich empfinde das nicht als fair dem potentiellen Käufer gegenüber, weshalb ich es hier ausdrücklich erwähnen möchte.

Ansonsten: absolute Leseempfehlung von mir in freudiger Erwartung des Folgebandes

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Jan Jepsen
© Isabela Pacini

Kester Schlenz, geboren 1958, ist ein echtes Nordlicht. Sternzeichen Fische. Geboren in Kiel, aufgewachsen in Schleswig. Mit 16 Jahren samt Family in Richtung Hamburg gezogen. Dort auch studiert und Journalist geworden. Stationen, unter anderem: Szene Hamburg, Cinema, Brigitte und Stern. In der Stern-Kantine ist auch die Idee zum „Bojenmann“ geboren worden. Denn regelmäßig wird Schlenz von seinem Kumpel Jepsen mittags im Verlag besucht. Ansonsten spielte Schlenz in seiner Jugend Schlagzeug, und zwar in einer Band, die in Hamburg-Bergedorf weltbekannt war. Der Name der Gruppe tut hier nichts zur Sache. „Sadoboys“ klingt ja nun wirklich gewöhnungsbedürftig.


Jan Jepsen, geboren 1962, wurde in der Nacht der großen Hamburger Sturmflut gezeugt. Er wuchs – größtenteils in Gummistiefeln – in der ehemaligen Lotsensiedlung Övelgönne auf, und zwar „Unten am Hafen, wo die großen Schiffe schlafen“. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für das Schreiben, Reisen und die Fotografie. Sein erster Roman („Wie die Wilden“) handelt von einer Kindheit an der Elbe und wurde von der Kritik als Hamburger Antwort auf Tom Sawyer und Huckleberry Finn bezeichnet. Bei einer gemeinsamen Reportage in Norwegen lernte er Kester Schlenz kennen. Aus Kennenlernen wurde Freundschaft, aus Freundschaft nun Co-Autorenschaft. Das Motto der beiden: vier Gehirnhälften schreiben (und morden) besser als zwei.

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