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Elena Ferrante - Eva Mattes - Meine geniale Freundin -  Geschichte eines neuen Namens - Geschichte der getrennten Wege - Geschichte des verlorenen Kindes - Lesung - Hörverlag - Hörbuch

Eva Mattes liest Elena Ferrante

(c) Hanna Mattes
Eva Mattes, die im März mit dem Sonderpreis des Deutschen Hörbuchpreises 2018 ausgezeichnet wird, hatte schon mit zwölf Jahren erste Auftritte im Film und am Theater. Große Filmrollen erhielt sie 1970 in Michael Verhoevens Anti-Vietnamfilm o.k. und 1971 in Reinhard Hauffs Mathias Kneissl. Für beide Filme wurde sie mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet, machte damit Rainer Werner Fassbinder auf sich aufmerksam und erspielte sich unter seiner Regie den Ruf als eine der profiliertesten Darstellerinnen des jungen deutschen Films. Aber sie blieb dem Theater treu. 1981 etwa glänzte sie in Zadeks Shakespeare-Inszenierung Der Widerspenstigen Zähmung. 1994 wurde Eva Mattes Direktoriumsmitglied am Berliner Ensemble. Nach dem Weggang Peter Zadeks 1995 legte sie ihren Direktionsposten am BE nieder, blieb aber als Schauspielerin im Ensemble. Eva Mattes ermittelte jahrelang als Kommissarin Klara Blum für den Konstanzer Tatort. – Wir haben Eva Mattes im Tonstudio getroffen:
Liebe Frau Mattes, es ist ein offenes Geheimnis: Elena Ferrante ist das Pseudonym der letzten beiden Jahre. Haben Sie sie je persönlich kennengelernt?

Leider nicht. Es wäre schön und interessant gewesen, eine Person kennenzulernen, die so ein Epos geschrieben hat.
Wie fühlt sich das an: nach 23 Tagen einen Schlussstrich unter die Neapolitanische Saga zu ziehen – zumindest im Tonstudio – und Elena und Lila sich selbst zu überlassen?

Ich muss sagen, jetzt, nachdem ich alles gelesen habe, bin ich während des letzten Teils schon ganz schön wehmütig geworden, geradezu traurig, ich fühlte mich ganz schön belastet. Ich musste mich auch tatsächlich beherrschen, dass ich in manchen Szenen nicht einfach losheule beim Lesen, weil es mich so erwischt hat. Das hatte ich so nicht erwartet: Der Abschied von diesen beiden Frauen berührt mich sehr. – Ich glaube, diese Geschichte hat wirklich ganz viel mit ganz vielen von uns zu tun. Also mit mir auf jeden Fall. Und dieses Ende, das ist so groß, es holt die ganze Geschichte noch einmal in einem Moment ein. Und – zack – ist man wieder am Anfang und hat plötzlich auf das ganze Geschehen nochmal einen anderen Blick. Das, muss ich sagen, finde ich genial.
Können Sie sich noch an den Anfang erinnern?

Ja, daran kann ich mich erinnern. Wie Elena erzählt, dass sie anfängt, die Geschichte aufzuschreiben, weil Lila plötzlich verschwunden ist. Wo sie auch sagt, dass sie immer vorhatte zu verschwinden, und nun hat sie es tatsächlich getan: Jetzt schreibt Elena alles auf und geht in die Kindheit zurück, wo sie sich kennengelernt haben. Auch diese ganze Annäherung der beiden Kinder, die erstmal gar nicht miteinander reden. Die Eine sitzt hier, die Andere sitzt da, sie spielen mit ihren Puppen, und sie machen das erstmal über Augen und Blicke, verständigen sich quasi stumm miteinander, bis dann plötzlich dieser Moment passiert mit den Puppen ... Auch der Moment, als sie die Steine werfen und Enzo so verletzen, und Enzo dann den Stein wirft, der Lila zu Boden schmeißt, und Elena sie in dem Moment festhält ... Eigentlich ein falsches Festhalten, denn hätte sie nicht festgehalten, hätte der Stein nicht getroffen ... Und das war die erste Berührung. – Durch den Schluss wird das alles nochmal eingeholt. Und das ist auch ganz schön teuflisch, finde ich.
Inwiefern?

Naja, weil Lila eben auch ein Teufel ist. Elena Ferrante stellt ja ein Zitat aus Faust ganz an den Anfang der Tetralogie. Das ist mir dann auch wieder eingefallen, und ich dachte, ja, das passt. Am Anfang hab ich‘s nicht verstanden.
Haben Sie sich mit einer der beiden Protagonistinnen mehr identifiziert?

Mir war über weite Strecken Lila lieber. Sie ist einfach die Spannendere, die Interessantere, die Widersprüchlichere, die Verrücktere, die Geniale. Allerdings muss ich sagen, im ersten Band hab ich doch auch sehr viel um Elena gebangt. Der Ehrgeiz hat mich auch angesteckt: Ich wollte, dass sie gut ist in der Schule, ich wollte, dass sie das alles schafft. Ich wollte nicht, dass sie versagt oder strandet, da habe ich mich schon sehr ... eingesetzt emotional. Aber sowohl im zweiten als auch im dritten Band fand ich auf jeden Fall Lila interessanter. Ich fand sie auch als Kind schon wahnsinnig spannend: So ein dünnes, hässliches, kleines, biestiges Kind, und dann wird sie so eine Schönheit, die den ganzen Rione verrückt macht – das ist schon wunderbar, klar gefällt mir das. – Im vierten Band bin ich emotional wieder mehr zu Elena rübergewandert. Weil sie diesen Band doch sehr stark prägt, finde ich. Sowieso ist sie die Erzählerin. Und Lila entwickelt sich durch ihre vielen Schicksalsschläge ... wie soll ich sagen ... Tendenz verschwindend.
Was war es für ein Gefühl, die deutsche Stimme und damit ja eigentlich auch das Gesicht eines italienischen Phantoms zu sein? Sie werden ja teilweise gleichgesetzt mit Elena Ferrante ....

Naja, in Deutschland werde ich vielleicht gleichgesetzt mit Elena Ferrante. [Lacht.] Aber ich weiß nicht, ich spreche das und in dem Moment sehe ich mich nicht von außen, sondern gehe in die Geschichte hinein. – Ich denke, die Figur Elena hat sicherlich eine ganze Menge von Elena Ferrante selbst. Ganz klar, jeder Roman hat autobiografische Züge, und hier ist es an vielen Stellen schon ziemlich deutlich. Ich sehe sie da sitzen und schreiben: über ihre mögliche Kindheit, über ihre mögliche Freundschaft, sicherlich mit viel Fantasie, aber sicherlich auch mit einigem Wahrheitsgehalt.
Wie sehen denn Ihre Vorbereitungen für einen langen Lesetag im Studio aus?

Bevor ich ins Studio gehe, um zu lesen, singe ich mich ein, um die Stimme geschmeidig zu machen. Dann ist die Stimme frei und ich habe die Möglichkeit, hoch zu sprechen, tief zu sprechen, in der Mittellage zu sprechen, in welcher Lage ich will oder welche ich brauche für die einzelnen Figuren.
Und wie haben Sie sich gefühlt, als Sie nach der letzten Zeile der Neapolitanischen Saga das Studio verlassen haben?

Erschöpft einerseits, sehr bewegt ... auch erleichtert in einer gewissen Weise, es jetzt geschafft zu haben. Insgesamt macht es mich glücklich, weil es einfach ein super Wurf ist. Dieses ganze Universum, das Elena Ferrante da geschaffen hat, gibt viel aus, gibt viel her, gibt auch viel zu denken.
Also war es eine besondere Hörbuchproduktion?

Es war ganz klar eine besondere Hörbuchproduktion. Natürlich! Das verbindet einen auch: Ich bin verbunden mit den Figuren des Buches, bin verbunden mit meinem Regisseur und Tonmeister und die auch mit mir über diese Geschichte. Da bin ich schon sehr froh drüber, muss ich sagen. Hätte sein können, dass ich ein bisschen neidisch gewesen wäre, wenn das jemand anderes gelesen hätte ... [Lacht.] Ich fühle mich geehrt und hab’ das sehr, sehr gerne gemacht und bin stolz darauf, dass ich es machen durfte.

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