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Rezension zu
Die Sprache der Menschlichkeit

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Aus dem Leben heraus mit Herz geschrieben

Von: Michael Lehmann-Pape
12.11.2018

„Ein Großteil der Pflege besteht darin, für Reinlichkeit zu sorgen“. So hat es Florence Nightingale propagiert und dem könnte Watson ja auch durchaus zustimmen. Theoretisch. „….obwohl es wenig tröstet, wenn Pflege anscheinend im Wesentlichen daraus besteht, Körperflüssigkeiten zu beseitigen“. Ob Blut von Wänden und Böden, harter Kot von Säuglingen oder andere Hinterlassenschaften von Patienten, Ärzten, Operationen, Übelkeiten und vieles mehr. Erfahrungen aus 20 Jahren Arbeit als Krankenschwester und damit in der Pflege und medizinischen Versorgung von Menschen. 20 Jahre, die dem Leser nun einen intensiven Einblick in den Alltag der Pflege vermitteln, aber auch, und das ist der eigentliche Gewinn der Lektüre, immer wieder an den Kern dessen rühren und gehen, worum es eigentlich gehen sollte. Nicht um Technik, Handreichung, Funktion, Effizienz (was durchaus auch alles seine Berechtigung hat, aber eben nur die äußeren „Formen“ der Tätigkeit beschreibt. Zuwendung, Menschlichkeit, das ist, was Watson vor Augen rückt. Wieder einmal, könnte man sagen, aber durch häufigere Wiederholungen wird dieser Kern des Berufs und der Pflege von Menschen ja nicht unwahr, sondern eher eindringlich geschärft. Zu einer Zeit, in der genau dieser Kern verloren zu gehen scheint. Personalmangel, auf spitze Nadel gestrickte Mitarbeiterstrukturen, im Vergleich zu anderen Berufen (und was die zentrale Bedeutung der Krankenpflege für jeden betrifft, denn jeder wird im Leben, zumindest zu dessen Ende hin, Krankheiten erleben und hier und da hilflos nach Eingriffen oder durch Schwäche in einem Krankenbett sich einfinden) miserable Entlohnung bei zugleich ständigem Stress und dauernd winkenden Überstunden. „Pflege bedeutet, für Menschen das zu tun, was sie normalerweise selbst tun würden“ (und aufgrund der Intimität dieser Verrichtungen auch fast um jeden Preis eigentlich lieber selber tun würden). Es ist aller Ehren wert dabei, dass sich Watson ihr „Herz“ selber durchgehend bewahrt hat. Und einfach kann das nicht gewesen sein, liest man die vielen Einsichten in die Praxis der Krankenpflege, die Watson im Buch bietet. Und damit schlussendlich eine große Lanze für den Beruf und jeden und jede im Beruf Tätigen bricht. Da ist es im Übrigen hilfreich, sich das Buch der „Bullshit-Jobs“ einmal näher anzusehen, um im größerem Zusammenhang zu begreifen, dass im System vieles nicht in Ordnung ist, wenn man die Notwendigkeit und Wichtigkeit der Krankenpflege in Relation setzt zur gesellschaftlichen Anerkennung und schlichtweg zur Entlohnung. Denn jeder und jede, die hier weiterhin den Berufstand „unten“ zu halten gedenken oder schlichtweg nicht genug innerlich würdigen, werden ihre Meinung sicherlich auch noch radikal ändern, wenn sie selbst am eigenen Leibe erfahren, dass man das eigene Leben an bestimmten Punkten aus Krankheit heraus jemand anderem ein stückweit anvertraut.

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