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Rezension zu
Der Bär und die Nachtigall

Der Bär und die Nachtigall – Zauberhaftes russisches Wintermärchen

Von: Thursdaynext
15.11.2019

Once upon time … lang, lang ist es her, da las ich mit wachsender Begeisterung Märchen. Vorzugsweise mit keltischem Hintergrund. Alles wurde verschlungen: Mythen, Sagen, die griechische und römische Götterwelt, Michael Ende mit seinem „Trödelmarkt der Träume“ und den allseits bekannten Romanen, Astrid Lindgrens Märchen und Geschichten, Indianermärchen und -mythen. Mit Fantasy ging es weiter, Der Stein von Duncton, die Star Wars Saga, Stein und Flöte von Hans Bemman, quasi ein fantastischer Entwicklungsroman, hach es gibt wunderbare Literatur. Die Liebe zur Fantasy ist geblieben, an Märchen hatte ich mich irgendwann satt gelesen. Ersetzt wurden sie durch Magischen Realismus wie man ihn bei Gabriel Garcia Marquez oder in Allendes Geisterhaus findet. Offensichtlich bin ich mit dieser Liebe nicht allein, die verschiedenen Fantasy Genres boomen. Nicht nur dem Eskapismus geschuldet, der Sehnsucht nach der heilen Welt, dem Wunsch, dass Utopien Realität werden. Irgendwie sprechen diese fantastischen Geschichten die Menschen seit Jahrhunderten an, berühren sie im Innersten. Geben Hoffnung und Freude. Erzählen von Wünschen, Hoffnungen, dem Leben und dem Tod, von tiefer Tragik und leuchtender Freude. Sie machen Mut, ermächtigen Menschen sich aufzulehnen, sich für die Gemeinschaft zu engagieren und wärmen seit Anbeginn der Sprache an allen Arten von Lagerfeuern ihre Zuhörer. Katherine Arden führt in ihrem Debütroman „Der Bär und die Nachtigall“ diese schlichte, wunderschöne Poesie und Versprechung fort. Titel und Cover, das modern östlich, russisch anmutet, halten, was sie verheißen. Angesiedelt ist die magisch durchflochtene Familiensaga in „Nord – Rus“ irgendwann im 16. Jahrhundert. Die alte Dunja, gute Seele und Kindermädchen des adeligen Haushalts, die alle Märchen und Geschichten kennt wird zur Ersatzmutter der kleinen Wasja. Ihre Mutter, die Schwester des Moskauer Großfürsten Iwan starb im Kindbett und Dunja, deren Zofe, kümmert sich um die Kinder des verwitweten Bojaren (niederer Adel, es ist erfreulicherweise auch ein Glossar vorhanden) Pjotr Wladimirowitsch. Alles ist gut, bis Pjotr eine neue Frau mit in den Haushalt und ins heimelige Dorfleben bringt. Die verschreckte Christin Anna Iwanowa kann Wald-, Haus und sonstige Geister sehen, ist selbst ein wenig magisch begabt, fürchtet sich jedoch vor allem was sie sieht. Auch vor dem Domowoi, dem Hausgeist der an unsere Heinzelmännchen erinnert. Alles nicht kirchlich, gesellschaftlich akzeptierte, unkoventionelle löst bei ihr Panik aus, all, das jagt ihr Angst ein. So ist besonders Wasja in ihrer „ungebührlichen Wildheit und ihrem unmädchenhaften Benehmen Anna Iwanowa ein steter Dorn im Auge. Sie wäre viel lieber ins Kloster gegangen um ihren Frieden zu finden, statt mit Wasjas Vater verheiratet zu werden doch damals gab es keine Wahlmöglichkeiten gegen den Willen des Haushaltsvorstandes. Die Situation eskaliert als sich ein unwilliger Pope mit Sendungsbewusstsein und Ambitionen im Dorf und Haushalt der Familie einfindet. Schlicht und unaufdringlich poetisch schafft Katherine Arden Nähe zu ihren Figuren, zeichnet die damaligen Lebensumstände atmosphärisch bildhaft, zum mitfiebern und frieren. Woher der Glaube der damaligen Menschen an Hausgeister, den Winterkönig, die Rusalka und andere Gestalten kommt, ist leicht nachzuvollziehen, wenn man sich vorstellt in dieser Zeit zu leben. Dem Sog dieser Geschichte entzieht man sich nicht. Katherine Arden hat ein bezauberndes, atmosphärisches, berührendes Wintermärchen geschaffen. Ein Märchen, gesponnen aus russischen Mythen, das von Aberglauben und der schlimmen Kraft der Furcht, aber auch von Mut, Auflehnung, Stärke und dem Wunsch eines kleinen Mädchens, sich wider alle Konventionen Freiheit zu verschaffen und das als junge Frau alles auf’s Spiel setzt um sie zu erreichen, berichtet. Bestes Kopfkino, also mummelt euch in eure wärmsten Winterklamotten ein, trinkt Tee, zündet die Kerzen an und genießt dieses grandiose Debüt. Wunderschöne, seelenwärmende Lektüre für die kommenden kalten Tage. Ein weiteres Highlight 2019.

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