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Rezension zu
Lottes Träume

Frauen erobern den Bergsport

Von: Frau Goethe liest
05.01.2020

Lotte ist 22 als ihr Vater starb und sie ihren Lebensunterhalt selber verdienen muss. Die ski- und wanderbegeisterte Frau macht sich auf den Weg vom Land in die Hauptstadt Wien, um dort eine geeignete Arbeitsstelle zu finden. Im Laden für Bergsportausrüstung kommt sie ihren Träumen näher. Lotte kann mit ihrem Erfahrungen die Kundschaft beraten, welche Ski die passenden sind und welche Ausrüstung nötig ist. Ihre Chefin ist die ebenfalls vom Bergsport faszinierte Mizzi Langer-Kauba. Die Pionierin des Skisports war erste Teilnehmerin an einem Abfahrtsrennen. Sie revolutionierte ebenfalls die Kleidung für die Frauen, indem sie die langen Röcke durch Hosen ersetzte. Die Produkte in ihrem Geschäft präsentierte sie anschaulich in einem aufwändigen Katalog, der von Gustav Jahn gestaltet wurde. Diesem historisch belegten Handlungsstrang schließt sich ein fiktiver an, in dem es um Lottes beginnende Beziehung zu dem jüdischen Arzt Jakob Sonnstein geht. Der Sohn eines Süßwarenfabrikanten ist mit einer anderen Frau verlobt, die ebenfalls aus einer wohlhabenden Unternehmerfamilie stammt. Jakob hegt keine Gefühle für sie, wiedersetzt sich aber auch nicht dem Wunsch seiner Eltern. Als Lotte von der Liaison erfährt, zerbricht ihre Welt. Zeitgleich verliert sie durch ein falsches Gerücht ihre Stellung und ihre einzige Freundin zieht in eine andere Stadt. Plötzlich ist sie allein in einer großen Stadt und weiß nicht, was der nächste Augenblick bringen wird. Sie hat Glück im Unglück und kann ihr Können als Textildesignerin beweisen. Ihr Leben scheint wieder geordnet, ihr Gefühlsleben jedoch weniger. Beate Maly legt in diesem Auftakt zu einem Mehrteiler ihre Hauptfiguren an. Lotte verkörpert den Stand der Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die über keinerlei Vermögen verfügen, sondern sich auf ihre Talente verlassen müssen. Der krasse Gegensatz dazu bildet Mizzi Kauba, die aus wohlhabenden Haus stammt. Auch die Unternehmersfamilie Sonnstein folgt den gesellschaftlichen Regeln. Die beginnenden antisemitischen Parolen der Politik verletzen, aber noch ahnt niemand die späteren Auswirkungen. Die in Wien geborene Autorin setzt sich in diesem Roman ebenfalls mit den Frauenrechten der Epoche auseinander. Die moralischen Grundsätze weichen gerade beim Bergsport den praktischen Aspekten. Zudem bedeutet eine passende Kleidung mehr Sicherheit. Frauen wie Mizzi Kauba haben diesen Weg für die folgenden Generationen geebnet. Eine weitere Nebenfigur um Lotte ist der auf der Straße lebende Fritz. Der Junge ist wegen der unmenschlichen körperlichen Züchtigung aus dem Waisenhaus geflohen. Nachts sucht er sich einen Schlafplatz in zugigen Kellern und hofft, dass ihn niemand bemerkt. Das Umfeld fördert Krankheiten wie Typhus und Diphtherie. Eine ausreichende Ernährung hatten diese Straßenkinder ebenfalls nicht. Fritz weckt durch seine offene Art sofort Sympathie. Im Verlauf der Geschichte kreuzen sich seine und Lottes Wege immer wieder. Lotte erhält ebenfalls Einblick in die Wohnsituation der Arbeiterklasse. Im Geschäft von Mizzi Kauba wohnt sie mit einer anderen Verkäuferin in einer kleinen Kammer. Sie bekommen Kost und Logis. Dafür erhalten sie Lohn und einen halben freien Tag pro Woche. Der historische Roman ist der Beginn eines Mehrteilers. Die Protagonistin Lotte muss einige Hürden überwinden. Das Ende leitet nicht zwingend eine Fortsetzung ein, weckt allerdings die Neugier auf mehr. Die winterliche Skikulisse macht dieses Buch zur idealen Lektüre in eben dieser Zeit. Es macht Spaß, den Weg der durchsetzungsstarken Frauen in einer Umbruchszeit zu verfolgen.

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