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Rezension zu
Die Hafenschwester (2)

Eine ganz tolle Fortsetzung

Von: Christina Boersch
19.09.2020

Das Buch „Die Hafenschwester – Als wir wieder Hoffnung hatten“ von Melanie Metzenthin ist der zweite Teil um Martha Studt, die mit ihrer Familie in Hamburg wohnt und erlebt, wie der Erste Weltkrieg Chaos und Verderben ins Leben aller Menschen bringt. Im April 1913 ist das Leben von Martha Studt und ihrem Ehemann Paul noch in bester Ordnung: Ihre drei gemeinsamen Kinder gedeihen bestens und Paul hat eine gut bezahlte Arbeitsstelle, mit der sie sich eine großzügige Wohnung leisten können. Martha kümmert sich ehrenamtlich um die Menschen, die es im Leben nicht so gut haben und vermittelt Hilfe – sie genießt im Hamburger Gängeviertel einen guten Ruf. Eine Überfahrt auf dem luxuriösen „Imperator“ nach Amerika zu ihrer Freundin Milli scheint dem Familienglück noch die Krone aufzusetzen doch kaum zurück in Europa bricht der Erste Weltkrieg aus. Paul wird eingezogen und kehrt schwer verwundet zurück. Paul muss sich zurück ins Leben kämpfen und Martha versucht alles, um ihn zu unterstützen und wieder eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Den ersten Teil um Martha und Paul „Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ von Melanie Metzenthin (meine Rezension findet ihr hier) habe ich im September 2019 mit großer Begeisterung gelesen und wartete fieberhaft auf die Fortsetzung. Melanie Metzenthin hat einen wunderbaren lebendigen Erzähstil und ich wollte unbedingt wissen, wie es mit Martha und Paul in Hamburg weitergeht. Auf Facebook machte mich die Autorin auch mit Postings zu ihrem Recherche-Material neugierig. Mittlerweile gehört Melanie Metzenthin zu meinen Lieblingsautorinnen, da mich ihre Bücher immer wieder fesseln und bestens recherchiert sind. Endlich konnte ich nun die Fortsetzung in den Händen halten und fing gleich an zu lesen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Diana-Verlag, für die Zusendung des Buches als Rezensionsexemplar. Auch wenn zwischen dem Ende des ersten Teils und dem Beginn des zweiten Teils einige Zeit vergangen war ich von der ersten Seite an wieder in der Handlung angekommen. Die Charaktere haben sich weiter entwickelt, bleiben sich und ihren Idealen aber immer treu. Martha darf als verheiratete Frau zwar nicht mehr als Krankenschwester im Krankenhaus arbeiten, mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit kann sie aber trotzdem den Armen und Kranken der Stadt helfen. Dabei hat sie keinerlei Berührungsängste – sie ist eine Frau der Tat. Für fast jedes Problem hat sie eine Lösung, Sie ist aber auch gleichzeitig eine liebevolle Mutter und Ehefrau, die ihrer Familie ein liebevolles Zuhause bietet. Ihre Wurzeln hat sie nie vergessen. Paul, Marthas Ehemann, arbeitet viel, fast schon zu viel. Er liebt seine Arbeit, noch mehr liebt er aber seine Kinder und seine Frau. Der Erste Weltkrieg setzt diesem harmonischen Familienleben ein jähes Ende. Paul wird im Gesicht schwer verwundet, aber auch an der Seele. Ohne seine Frau Martha und seine Kinder hätte Paul sich aufgegeben, so kämpft er sich wieder zurück. Er ist überzeugter Sozialdemokrat und kann vor sozialen Ungerechtigkeiten nicht die Augen verschließen. Seine Verwundung lässt ihn stärker werden. Es kommen noch einige neue Charaktere hinzu, zum Beispiel Li-Ming. Sie ist die Ehefrau von Marthas jüngerem Bruder Heinrich. Li-Ming hat in ihrer Heimat China ein schreckliches Schicksal erfahren, welches sie nie wieder loslassen wird. Mit ihrem kulturellen Hintergrund sorgt sie für einigen Wirbel in der Familie. Heinrich, ein Mann der in seinem Leben schon die halbe Welt gesehen hat, vermittelt zwischen den beiden Kulturen. Der Vater von Martha und Paul agiert immer sehr im Hintergrund, ist aber für alle Figuren der Fels in der Brandung. Bei Problemen und Unstimmigkeiten wird er aufgesucht und wirkt immer wieder beruhigend auf alle Figuren ein. Fast alle Charaktere, die man im ersten Teil der Reihe kennen gelernt hat, machen in diesem Buch eine tolle und lebensechte Entwicklung durch. Melanie Metzenthin zeichnet ihre Charaktere mit einer beeindruckenden Tiefe. Immer wieder müssen die Figuren Rückschläge erleiden, sie müssen kämpfen und lassen sich trotz aller Widrigkeiten nicht aus der Bahn werfen und stehen immer wieder auf. Einzig mit Milli, Marthas Freundin, die in Amerika lebt, kam ich nicht wirklich klar. Sie hat etwas aus ihrem Leben gemacht, ist gesellschaftlich sehr aufgestiegen – allerdings hat sie wohl komplett ihre Wurzeln vergessen (wollen) und kümmert sich nur noch um sich und ihre Familie. Mit der Armut von anderen Menschen möchte sie nichts zu tun haben. Sie ist das komplette Gegenteil zu Martha, die immer für alle da ist. An der Seite von Martha, Paul und Heinrich erlebt man den Ausbruch, Verlauf und das Ende des Ersten Weltkrieges fast schon so, als wäre man dabei gewesen. Man spürt die Verzweiflung, als der Krieg eben nicht nach ein paar Monaten vorbei ist, sondern über Jahre hinweg tobt und Tod und Verzweiflung mit sich bringt. Das Buch zeigt anhand von einfachen Menschen, wie sie ihr Leben damals lebten und wie sich das Leben dann mit dem Ausbruch des Krieges komplett veränderte. „Wie weit war es nur mit ihnen gekommen? Was war aus der modernen, glücklichen Stadt geworden, in die Hamburg sich in dem Jahren nach der Cholera verwandelt hatte? Hatte der Krieg ihnen inzwischen jeden Überlebenswillen geraubt? Wie lange konnte das noch so weitergehen? Was wäre am Ende des Krieges überhaupt noch von der Welt übrig, für die sie immer gekämpft hatte?“ [S.456, Z. 6 – 13] Melanie Metzenthin hat einen sehr lebendigen und flotten Erzählstil, der auf keiner Seite Langeweile aufkommen lässt. Mit vielen Details zu Hamburg und den Menschen lässt sie eine vergangene Zeit wieder aufleben. Akribisch recherchiert hat Melanie Metzenthin den Aufbau des Imperator, ein Luxusliner, der im Juni 1913 in See stach. Das Schiff galt bis 1914 als größtes Schiff der Welt. Ich empfand es als sehr spannend, mit Martha und ihrer Familie die Jungfernfahrt zu erleben an Bord zu und das Schiff vor allem durch die Augen der Kinder zu entdecken. Mit „Die Hafenschwester – Als wir wieder Hoffnung hatten“ konnte ich den Ausbruch, aber vor allem das Ende des Ersten Weltkriegs noch einmal sehr viel bewusster wahrnehmen. Dieser Prozess von der Kriegsfreudigkeit und Siegestaumel zu Kriegsmüdigkeit Revolution wird sehr deutlich nachgezeichnet. Auch wie es zu dem berühmten Matrosenaufstand 1918 kam, erzählt die Autorin ganz wunderbar. Spannend fand ich auch, welche Fortschritte die Medizin in dieser Zeit machte. Intensiv und einfühlsam beschreibt Melanie Metzenthin diverse Operationen. Hier merkt man, dass die Autorin über ein großes Fachwissen verfügt. Ebenfalls fand ich das Thema „Frauenvereine“ sehr interessant. Auch wenn Frauen zu dieser Zeit wenig Mitspracherecht in der Politik hatten – den Mund haben sie sich nicht verbieten lassen. Das Buch „Die Hafenschwester – Als wir wieder Hoffnung hatten“ ist eine sehr gelungene Fortsetzung der Reihe um Martha. Tiefe und feinsinnige Charaktere, die in einen gut recherchierten geschichtlichen Hintergrund eingebettet sind. Ich habe es sehr gerne gelesen und wollte es teilweise nicht mehr aus den Händen legen. Nun freue mich jetzt schon auf den dritten Teil der Reihe, den ich auch direkt nach Erscheinen lesen werde. Ein großes Dankeschön an die Autorin für die vielen neuen Eindrücke und geschichtlichen Erkenntnisse. Fazit: Absolut lesenswert. Intensiv und lebensecht mit viel geschichtlichem Hintergrundwissen. Anmerkung: Das Buch habe ich freundlicherweise vom Diana-Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen – es hat meine Meinung aber nicht beeinflusst.

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