Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Bergland

Packend und so viel mehr als nur eine Familiengeschichte!

Von: Hana Widdige
28.05.2021

Jarka Kubsova gelingt mit ihrem Debütroman „Bergland“ ein ungeschönt menschliches und zutiefst authentisches Werk, das die Grenzen zwischen historischem und modernem Roman verschwinden lässt. Die Autorin erzählt mit einfachen und dennoch fesselnden Worten vom Leben auf dem Innerleitner Hof im Südtiroler Tiefenthal. Die Protagonisten entstammen der Bergbauern-Familie Breitenberger bzw. Unterholzner. In nicht-chronologischer Reihenfolge erschließt sich immer mehr ihre Familiengeschichte der letzten hundert Jahre; sie reicht bis in die jetzige Zeit. Vor allem Rosa, ihr Sohn Sepp und die Ehefrau ihres Enkelsohns Franziska werden als Menschen greifbar, die sich den Anforderungen ihrer Zeit und ihren Gefühlen stellen müssen. Während Rosa nicht nur dem Wetter, den Unglücken, dem Krieg in der Zeit des Nationalsozialismus und ihren eigenen menschlichen Unzulänglichkeiten trotzen muss, müssen sich die Generationen nach ihr mit dem Straßenbau zu den Berghöfen, der Technologisierung der Landwirtschaft und touristischer Vermarktung in einer globalisierten Medienwelt auseinandersetzen. Rosa und später auch Sepp und Franziska stellen ihre eigenen Bedürfnisse und ihre Gefühle, den Menschen gegenüber, die ihnen am wichtigsten sind, hinter der Liebe zum Berghof zurück. Immer mehr brechen das Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Zivilisationskrankheiten wie Burn-out im Idyll der Bergwelt ein, in der laut Reiseprospekt doch alles noch in Ordnung zu sein scheint. Als Bindeglied zwischen den Generationen der beiden Frauen fungiert Sepp, Rosas Sohn und Franziskas Schwiegervater, der den Hof als junger Mann modernisieren will. Er baut selbst den ersten befahrbaren Zugangsweg zum Innerleitner und sorgt für Melktechnik im neu gebauten Stall. Als sich das Südtiroler Bergland immer schneller verändert und touristisch wird, erkennt er das Unglück der Entfremdung, die seine Mutter stets befürchtet hat und für die er selbst mit Verantwortung trägt. Auch wenn sich dem Sog der Modernisierung niemand entziehen kann, wie das Leben von Franziska und ihrem Mann Hannes deutlich macht, liegt letzten Endes im Altbewährten eine heilsame Chance. Der Roman übt Kritik an der Entwicklung von Selbstversorgerhöfen zu Wirtschaftsbetrieben, der Landnahme des Tourismus und der Digitalisierung, der sich niemand entziehen kann, der als Teil der Gesellschaft überleben will. Er gewährt nicht nur emotional ergreifende Einblicke in das Leben von Rosa, Sepp, Franziska und all den anderen Hofbewohnern, sondern lässt den Leser auch das eigene Reiseverhalten fernab des Massentourismus mit neuen Augen sehen. Ein Buch für alle, die trotz aller Erleichterungen in der digitalisierten Welt einen kritischen Blick für Erschwernisse und Entmenschlichendes nicht verlieren wollen. Toller Roman!

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.