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Rezension zu
Mercury in München

Freddie Mercury - München rammelvoll

Von: Ingeborg Strauß
23.10.2021

Um gleich mit der Tür, nämlich einer Frage, ins Haus zu fallen: An wen wendet sich das Buch? Drei Zielgruppen sind neugierig: Die Älteren, die in ihrer Jugend für das Idol Freddie Mercury schwärmten und seinen frühen Tod betrauerten. Die mittleren Jahrgänge, die von der Elterngeneration Interessantes und Mystisches über „die“ (?) Queen erfahren haben, und die Jugend von heute, deren Englisch-Kenntnisse ins Wanken geraten, wenn sie von „die“ Queens (oder ähnlichen ungewohnten sprachlichen Konstrukten) hören. Neugier erweckte auch der Film „Bohemian Rhapsody“ aus dem Jahr 2018, ein biografisches Filmdrama. Sein wesentlicher Inhalt ist die Geschichte Freddie Mercurys von der Gründung der Band Queen bis zum Auftritt bei Live Aid sechs Jahre vor seinem Tod. Und damit sind wir zeithistorisch bei den „besten Jahren“ von Freddie angelangt, in denen er das Leben, so wie er es liebte, genießen konnte, und das in der Stadt, die es zuließ, dass er so sein durfte wie er wollte: München. Das Buch lebt von dreifacher Verbeugung: vor dem Menschen Freddie, vor dem prägenden Musiker der bedeutenden Band Queen und vor der Stadt München. Diese drei lebten in Symbiose. Es wurde hohe Zeit für ein solches Buch, denn die Zeitläufte eines Vierteljahrhunderts rauschen über personelle und materielle Erinnerungen hinweg. Nur wenige Menschen in direkter Nähe zu Freddie und mit einigermaßen zuverlässigem Gedächtnis leben noch. Viele Örtlichkeiten (Lokalitäten trifft es ebenso gut), die für ihn prägend waren und die er (mit)geprägt hat, existieren nicht mehr oder fallen mehr und mehr Modernisierungen zum Opfer. Umso wertvoller sind in der vorderen und der hinteren Buchklappe die Auflistungen und Lagepläne, durch die wir den Spuren Freddies folgen können. Eloquent, emotional berührt und kenntnisreich führt uns der Autor Nicola Bardola durch die letzten Jahre des Multitalents mit den bekannten und vermuteten Höhen und Tiefen. Seine vielen Umgebungsinfos, eingebettet in plastische Szeneschilderungen, nehmen die Leser, Mann wie Frau, gefangen. Und schon bei dieser aktuell angesagten Sicht auf beide (und weitere) sexuelle Aus-Prägungen sind wir mitten in Freddies Leben, besonders dem der letzten Jahre. Ob das Kunstwort „rammelvoll“ (S. 257) Absicht des Autors oder ein Übersehen des Lektorats („rappelvoll“?) ist, sei dahingestellt, es trifft den Kern. Das Leben wurde verkostet, die Kenntnisse des Aids-auslösenden Virus waren noch rudimentär. Und mancher von uns heute, im Jahre 2021, kann wohl die ähnliche Situation nachempfinden. Was kann, was sollte eine Rezensentin neugierigen Lesern für ihre Kaufentscheidung mit auf den Weg geben? Und was hat sie zu sagen, wenn ihre persönlichen Impressionen beim Lesen dieses Buches gefragt sind? Ich wage den Sprung ins kalte Wasser, mixe wenige meiner vielen Eindrücke durcheinander und gebe sie so unsystematisch wieder, wie ich es beim Lesen – immer wieder unterbrochen von nostalgischen Phasen beim Musikhören – empfunden habe. Mit einem alten, fast blinden, angeheirateten Onkel gingen wir jedes Jahr, aus dem Skiurlaub kommend, ins „Jagdschlössl“ am Rotkreuzplatz (S. 231) und schmausten lecker. Die enorme musikalische Bandbreite von Freddie war immer wieder Gesprächsthema. Eher anderen Stilrichtungen zuneigend, fesselten mich doch seine gezielten und gekonnten Anleihen auch in den Genres, die man damals landläufig als E-Musik titulierte. Eingefleischte Queenologen mögen mir verzeihen. Doch war und ist es für mich faszinierend (gewesen) zu lesen (S. 305f.), wie genial Freddie das Zweiakter-Sujet von Leoncavallo adaptierte und ummünzte – auf seine Situation? Ich schließe mit dem von Freddie abgewandelten Lennon-Titel »Love is all you need«.

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