Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
RAVNA – Die Tote in den Nachtbergen

Rezension "Ravna - Die Tote in den Nachtbergen" Elisabeth Herrmann

Von: krimizeit
15.08.2022

𝐂𝐡𝐚𝐫𝐚𝐤𝐭𝐞𝐫𝐞 Ravna Persen steht zwischen zwei Welten. Auf der einen Seite ist sie Samin. Sie kennt alle Rituale und Traditionen ihres Volkes. Ihre Mutter lebt noch das traditionelle samische Leben. Andererseits studiert sie in Oslo an der Polizeihochschule, was so gar nichts mit der samischen Kultur zu tun hat. Daher hat sie das Gefühl, nirgendwo richtig dazuzugehören, zumal ihre Entscheidung bei vielen Samen aus ihrer Heimat auf Unverständnis stößt und diese ihr daher ablehnend gegenüberstehen. Die Norweger haben hingegen kein großes Verständnis für die samische Kultur und so fühlt sich Ravna teilweise entwurzelt. Dieses Gefühl wird noch verstärkt, als sie unter Rune Thor, Norweger, die Ermittlungen aufnimmt. Die Clans fühlen sich von ihr verraten, weil sie normalerweise alles nur unter sich ausmachen und keinem “Fremden” Einblick in ihr Leben gewähren wollen. Doch Ravna ist eine starke Persönlichkeit, die sich durch Zweifel nicht vom Handeln abhalten lässt. Geschickt versucht sie zwischen den Kulturen zu vermitteln und herauszufinden, was in der Nacht vor zehn Jahren geschehen ist, als die junge Frau verschwunden ist. Da sie ihre Erinnerung immer wieder skeptisch mit dem abgleicht, was sie nun wahrnimmt und teilweise daran zweifelt, ob sie ihrem eigenen Gedächtnis glauben kann, wirkt sie sehr authentisch und plastisch gezeichnet. Die “Suchende” - sowohl im Hinblick auf den Mörder als auch im Hinblick auf ihre eigene Identität - nimmt man ihr problemlos ab. Daher ist sie eine sympathische Figur mit Ecken, Kanten und Tiefgang. 𝐒𝐜𝐡𝐫𝐞𝐢𝐛𝐬𝐭𝐢𝐥 Ich liebe einfach den Schreibstil von Elisabeth Herrmann. Sie schafft es durch so anschauliche und großartige Vergleiche, durch gezielt gesetzte, aussagekräftige Verben eine so dichte Atmosphäre zu weben, dass man glaubt, dabei zu sein, wenn einem der eiskalte Wind der Tundra um die Nase weht, wenn die Sonne ihre Strahlen über die Fjorde schickt und die Rentiere schnaubend in die Gerde laufen. Die Geschichte, die in drei Teile bei fortlaufender Kapitelnummerierung gegliedert ist, wird weitestgehend aus der personalen Sicht von Ravna geschildert, deren Gedanken und Gefühle plastisch und nachvollziehbar dargestellt werden. Jedem Teil vorangestellt ist ein Rückblick aus der Ich-Perspektive der ermordeten jungen Frau, was für zusätzliche Dynamik sorgt, die durch das verwendete Präsens noch verstärkt wird. Die zahlreichen samischen Begriffe sind in den laufenden Text eingebettet und dort, wo sich die Übersetzung nicht nahtlos in den Text einfügen lässt, findet man diese als Fußnote, ohne groß zu einem Glossar blättern zu müssen. Dadurch und durch das gut recherchierte Hintergrundwissen, das wunderbar in die Geschichte eingewebt ist, wird man automatisch mitten in die samische Kultur hineingezogen. 𝐃𝐚𝐬 𝐛𝐞𝐬𝐨𝐧𝐝𝐞𝐫𝐞 𝐄𝐭𝐰𝐚𝐬 Mit den Ravna-Büchern richtet Elisabeth Herrmann die Aufmerksamkeit auf eine fast vergessene Kultur, die in den Medien wenig Beachtung findet. Ich zumindest hatte die Probleme, mit denen die samische Bevölkerung zu kämpfen hat, überhaupt nicht auf dem Schirm, geschweige denn wusste ich Genaueres über deren Lebensweise. Umso interessanter und wichtiger finde ich es, dass sich die Autorin diesem Thema annimmt. Und das gelingt ihr großartig. Die gut recherchierten Hintergründe sind eng mit der Story verwoben und wirken überhaupt nicht aufgesetzt. Man lernt quasi nebenbei die Kultur und auch ein wenig die Sprache kennen und wird verzaubert von den alten Traditionen und der ursprünglichen Lebensweise ganz nah an der Natur. 𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭 Bereits den ersten Band fand ich großartig und auch der zweite Teil konnte mich restlos überzeugen: Faszinierendes Setting, mitreißender Plot, überzeugende Charaktere und jede Menge Hintergrundwissen über das Volk der Samen. Die atmosphärische, dichte Sprache zieht einen geradezu in die Geschichte hinein und ich konnte gar nicht aufhören, zu lesen. Das ist wirklich ganz großes Kopfkino, zu dem auch die einzigartigen und auf den Punkt gebrachten Vergleiche, jenseits von Mainstream und allseits bekannten Sprachbildern beitragen. Passend zum Genre des All-Age-Thrillers kommt die Geschichte ohne detailliert blutrünstige Szenen aus, was der Spannung jedoch in keinster Weise schadet. Der Schluss hielt noch einmal eine Wendung parat, mit der ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Lediglich Thor kam für meinen Geschmack in diesem Band ein wenig zu kurz. Ich hoffe, Ravna noch auf vielen weiteren Abenteuern begleiten zu können und empfehle das Buch allen, die gerne Krimis lesen und sich für Geografie und Kultur interessieren.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.