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Rezension zu
Generation Beleidigt. Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei.

Vom mangelnden Augenmaß

Von: welterlesen
10.10.2022

Mit zwei Begriffen scheint man einen großen Teil unserer Gesellschaft, besonders den, der seine Meinung gerne im Internet kundtut, triggern zu können. Gendern und kulturelle Aneignung. Interessant ist, dass man allein aufgrund der Meinung zum jeweiligen Phänomen bereits eine gewisse Zuordnung zur allgemeinen politischen Einstellung der betreffenden Person erahnen kann. In „Generation Beleidigt: Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei – Über den wachsenden Einfluss linker Identitärer“ nimmt sich Carolin Fourest der cultural appropriation und deren Anhängern, von ihr als linke Identitäre bezeichnet, den meisten von unser als woke ein Begriff, an. Das ist allein schon deswegen interessant, da man Carolin Fourest, eine feministische Filmemacherin und Autorin, die u. a. als Kolumnistin bei Charly Hebdo tätig ist, sicherlich im linken politischen Spektrum verortet. Aber vielleicht ist das gerade notwendig, um die sogenannte kulturelle Aneignung neu zu überdenken. Denn wie Carolin Fourest bemerkt, ist diese natürlich abzulehnen, wenn dadurch eine kulturelle Minderheit herabgesetzt und ausgebeutet wird. Inzwischen scheint manchen aber jede kulturelle Vermischung fast schon ein Gräuel zu sein. Fourest berichtet von absurden Vorkommnissen. So wird z. B. in Kanada ein Yogakurs kurzerhand abgesagt, weil dies ein Fall von Aneignung der indischen Kultur sein. Jamie Oliver wird moralisch verurteilt, weil seine Rezepte von anderen Kulturen beeinflusst sind. Der Aufzählung dieser Vorfälle im Buch können wir inzwischen zur Genüge Beispiele hinzufügen. Das Tragische daran ist jedoch, so bemerkt Fourest, dass mit diesen absurden Beispielen gerade nicht zum gegenseitigen Verständnis beigetragen wird und vor allem dass man dadurch der extremen Rechten in die Hände spielt und ihr zu einem Aufschwung verhilft. Ein wichtiges Buch, das mir in vielem aus dem Herzen spricht. Ein wenig mehr Augenmaß täte bei diesem Thema wahrlich sehr gut, denn wenn ein jeder geflochten Zopf als Beispiel für kulturelle Aneignung und letztlich Rassismus herangezogen wird, machen wir dadurch nicht wirkliche Vorfälle von Rassismus klein und nehmen diesen Problemen die Aufmerksamkeit, die sie brauchen. Eine ganz große Leseempfehlung. Allein bei der Übersetzung und beim Lektorat hätte man etwas sorgfältiger sein können.

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