Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Zur See

Zur See

Von: Frau Lehmann liest
13.10.2022

"Zur See" ist ein Buch, das bei mir erwartungsgemäß einen Nerv getroffen hat. Es geht um das Inselsterben, um den Verlust von Traditionen, Sprache, einer Lebensweise. Das sehen wir hier an der Küste natürlich auch. Wir haben unseren Resthof nur übernehmen können, weil es keine Erben gab, die das konnten oder wollten. Wir leben mit der Vermietung der Ferienwohnungen auch vom Tourismus, geben aber damit auch ein großes Stück Privatleben auf, leben in der Saison auch an den Rändern, gehen erst in den Garten, wenn die Gäste unterwegs sind, lassen die Hunde erst toben, wenn alle weg sind. Wir haben gerne Gäste, trotzdem holt man Luft, wenn mal keine da sind. Wir nehmen das Gemecker über die Flutschutzmauern zur Kenntnis von Menschen, die noch nie eine Sturmflut erlebt haben oder Land unter, wundern uns darüber, dass Menschen nicht verstehen, dass es in einem Nationalparkgebiet Verhaltensregeln gibt und lachen leise innerlich, wenn mal wieder die Beschwerde kommt, es sei nie Wasser da. Wir lieben das Wattenmeer und die Wurster Küste so, dass es fast weh tut und sind doch eigentlich Fremde, Zugezogene. Wie mag es da den Inselbewohnern gehen, die dort geboren sind, aber nicht bleiben können wegen mangelnder Berufsaussichten und fehlendem Wohnraum? Wo kleine Hütten für Millionen gekauft werden als Zweitwohnsitz, nur ein paar Wochen im Jahr genutzt? Wo Weideflächen Golfplätzen weichen und die seltenen Waldgebiete Hotelbauten? Dörte Hansen beschreibt all das mit leiser Trauer, unterschwelliger Wut, aber doch auch nicht ohne Hoffnung am Beispiel der Familie Sander. Ein Sohn Ex-Kapitän und Alkoholiker mit Angst vor der See, eine Tochter Pflegerin im Altenheim, die das Sterben der Sprache, des Gewohnten, Althergebrachten jeden Tag erlebt, ein Sohn, der mit Strandfundkunst die Golfplatzbesucher begeistert, die Mutter Führerin im Museum, das mal ihr Elternhaus war, der Vater Vogelwart in der Einsamkeit, geflohen vor zu vielen Menschen. Ein Buch, das stillen Schmerz in Herz und Bauch hinterläßt, aber auch ein leises Lächeln.

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.