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Rezension zu
Fay

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Larry Brown | FAY

Von: Bookster HRO
06.06.2017

INHALT: (Vorsicht Spoiler!) Die siebzehnjährige Fay haut von zu Hause ab, flieht vor ihrem gewalttätigen Vater, bei dem sie mit ihren Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen lebte, irgendwo in einer Blechhütte in den Wäldern Mississippis. Die Küste ist ihr Ziel, Biloxi weit im Süden des Staates, ein Ort, von dem sie mal gehört hat. Dort wird sie leben können, die Wärme, das Meer – ewiger Urlaub. Doch es sind noch hunderte Meilen bis dort und sie ist zu Fuß unterwegs, ohne Geld, nicht mal Schuhe. Und so rechte Ahnung von der Welt hat sie auch nicht, so ganz ohne Schulbildung. Sie musste ihr Leben lang auf den Feldern arbeiten, dass ist alles, was sie kennt und weiß. Aber sie ist bildschön, ein Umstand der nützlich sein, ihr aber auch gefährlich werden könnte. Fay ist noch gar nicht weit gekommen, da wird sie auch schon von ein paar Typen mitgenommen und in einen Trailer-Park gebracht. Die Jungs scheinen nett zu sein, doch nachts vergreifen sie sich an ihr und sie flieht ein weiteres Mal. Auf dem Highway wird sie von Sam aufgegabelt, einem State Trooper, der auf den Straßen Mississippis für Ordnung sorgt. Er nimmt sie mit zu seiner Frau in ein traumhaftes Häuschen an einem Stausee bei Oxford. Sam und Amy haben vor ein paar Jahren bei einem Autounfall ihre Tochter verloren, sie wäre jetzt in Fays Alter. Sie beschließen, Fay bis auf Weiteres bei sich aufzunehmen. Wundervolle Wochen folgen, eine Zeit voller Zuneigung und Freude. Fay lernt Angeln und Schwimmen und die grundlegenden Regeln der Gesellschaft. Doch die Ehe zwischen Sam und Amy hat einen tiefen Riss. Amy trinkt jeden Tag übermäßig viel, was ihr eines Abends auf dem Highway zum Verhängnis wird. Und Sam hat seit Jahren eine Geliebte, eine eifersüchtige junge Frau, die die schöne Fay als Konkurrentin ansieht. Es kommt zur Auseinandersetzung und Fay muss abermals fliehen. Sie schafft es trampend tatsächlich bis nach Biloxi, allerdings ging ihr Plan auch nur bis zu diesem Punkt. Wie weiter? Ein Job, eine Bleibe – alles nicht so einfach ohne Geld und ohne Bildung. Sie wendet sich an Reena, eine junge Kellnerin, die sich ein Herz fasst und sie mit zu sich nach Hause nimmt. Doch Reenas Freundeskreis ist zwielichtig. Sie arbeitet zeitweise in einem Strip-Club und Aaron, der Türsteher und Ordnungshüter des Clubs, ein muskelbepackter Stiernacken, wirft ein Auge auf Fay, dessen Blick sie nicht widerstehen kann. Aaron ist zunächst auch sehr nett und zuvorkommend und Fay verbringt angenehme Wochen mit ihm, doch nach und nach entpuppt er sich als cholerischer Schläger, als Drogenhändler und Frauenverachter. Als es Fay gelingt, den von allen verlassenen Sam in einer Nachricht um Hilfe zu bitten, kommt es zum Finale… FORM: Larry Browns Ton ist ein überaus realistischer. Hier wird nicht rumgespielt oder experimentiert – es zählt nur die harte Realität. Das passt auch sehr zu Browns Figuren, die allesamt keine Schöngeister sind, das rauhe Leben im amerikanischen Süden, die Hitze, die Winde, die Leere – all das hat sie abstumpfen lassen. Es sind die Hoffnungslosen, die von Gott Verlassenen, denen Brown hier eine Stimme verleiht. Figuren, die aber auch arm an seelischer Kraft sind, motivationslos, die sich nicht aufrappeln können und deren Vorstellungskraft immer nur bis zum nächsten kühlen Bier reicht, das die Lösung aller Probleme verheißt. Ein zwar trauriges, aber authentisches Personal, das der Autor sich hier in die Haare kriegen lässt. Eine weitere Figur, wenn man so will, ist der Süden selbst. Brown schafft es, diesen von literarischen Legenden umrankten Ort, ganz nebenbei zum Leben zu erwecken. Man spürt die die staubige Hitze, man riecht das salzige Meer – selten habe ich mich beim Lesen so in eine Welt versetzt gespürt, in der ich noch nie war, wie in diesem Buch. Larry Brown (1951-2004) genießt in den USA Kultstatus und wird in einem Atemzug mit Größen wie William Faulkner und Cormac McCarthy genannt. Sehr verwunderlich daher, dass er erst jetzt, dreizehn Jahre nach seinem Tod, für das hiesige Publikum ins Deutsche übertragen wurde. Ich hoffe sehr, der Heyne Verlag nimmt sich diesem Autor an und beschert uns weitere Übersetzungen – es gibt viel zu entdecken. JOE zum Beispiel, quasi das männliche Pendant zu FAY. Vor einiger Zeit sah ich die Verfilmung mit Nicolas Cage, dessen Darstellung mich seit etlichen Jahren zum ersten Mal wieder vom Hocker riss. Auf diesen Roman in deutscher Übersetzung würde ich mich sehr freuen. FAZIT: Ich gebe FAY ganz klar fünf Sterne, weil ich die Südstaatenliteratur sehr schätze. Dieses Buch ist für Freunde von Romanen wie NO COUNTRY FOR OLD MEN oder ALS ICH IM STERBEN LAG.

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