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Rezension zu
Die geliehene Schuld

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Familiengeschichte, Politthriller und eine Portion Liebe

Von: Frau Goethe
26.03.2018

Der Zweite Weltkrieg hat die bis dahin bekannten Strukturen in Politik und Gesellschaft verändert. Die Herrschaft der Nationalsozialisten zeigte ebenfalls auf, dass derartige Verbrechen in der Zukunft nicht mehr so leicht möglich sein dürfen. Die Alliierten arbeiteten noch Jahre daran, die Kriegsverbrecher gemäß ihrer Vergehen eine gerechte Strafe zukommen zu lassen. Insgesamt gab es zwölf Nachfolgeprozesse der Nürnberger Prozesse, die Ärzte, Regierungsvertreter, Industrielle und militärische Führer anklagten. In diesem dritten Roman von Claire Winter wird vor allem der elfte Fall um den Wilhelmstraßen-Prozess beleuchtet. Der Journalist Jonathan berichtet für eine Berliner Zeitung von den Prozessen. Zusätzlich scheint ihn noch ein weiteres Thema zu beschäftigen. Mit seinen Recherchen hat er Leute auf sich aufmerksam gemacht, die auch vor Mord nicht zurückschrecken, um ihre Machenschaften nicht veröffentlicht zu sehen. Jonathan ahnt die Gefahr und schickt seiner Freundin und Kollegin Vera seine Recherchen mit der Bitte, diese unbedingt weiterzuführen, sollte ihm etwas zustoßen. Die in diesem Ressort unerfahrene Vera fühlt sich verpflichtet, der Story um die Flüchtlingsströme über die Alpen nach Italien nachzugehen und bringt sich selber in Lebensgefahr. Claire Winter schreibt aber auch von den Menschen in dieser turbulenten Zeit. Sie verdeutlicht deren Wunsch nach Leben und Sehnsucht nach Frieden. Beispielhaft steht dafür Marie, die als Sekretärin im Kanzleramt arbeitet. Sie lernt während einer Pressekonferenz Jonathan kennen und verliebt sich in ihn. Sie planen schon bald eine gemeinsame Zukunft. Ebenfalls dabei ist die junge Jüdin Lina, die Deutschland als ihre Heimat ansieht und sich nicht vertreiben lassen will. Durch sie wird die willkürliche Behandlung durch die Gestapo deutlich. Ihr Verlust der Eltern und Geschwister trägt unterschwellig zum emotionalen Leseerlebnis bei. Die doppelsträngige Handlung setzt sich aus fiktiven und historisch belegten Charakteren zusammen. Die Zeit zwischen Kriegsende und Wirtschaftsaufschwung wird authentisch geschildert. Plausibel wird die Neuordnung der Regierung der jungen Republik aufgezeigt. Natürlich werden auch Fragen aufgeworfen, ob in den Prozessen wirklich alle Schuldigen verurteilt wurden, oder ob sie vielleicht doch untertauchen konnten. Es geht auch um die Organisation Gehlen, aus der sich später der Bundesnachrichtendienst gründete. Zum Verständnis des komplexen Themas werden alle Sichtweisen verdeutlicht. Es gibt Täter, Opfer und Mitläufer. Der Roman trägt dazu bei, die Vergangenheit noch 73 Jahre nach Kriegsende aufzuarbeiten und an die brutale Vorgehensweise und das Netz aus Seilschaften unter den NS-Leuten zu erinnern. Die Zusammenhänge zwischen den Personen erkennt man auf den ersten Blick nur schwer. Von daher sind alle Zutaten für einen mitreißenden historischen Roman enthalten, den ich hiermit ganz besonders empfehle. Kein Geschichtenerzähler hätte sich die Wahrheit spannender ausdenken können.

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