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Rezensionen zu
Der Tag, an dem wir aufhören zu shoppen

James B. MacKinnon

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Dieses Nachhaltigkeits-Sachbuch ist in einer Weise klug, tiefgründig, unaufgeregt und informativ, dass sich bei mir tatsächlich so etwas wie echte Begeisterung eingestellt hat. Ich stelle hier eine uneingeschränkte Leseempfehlung vor. Der Autor, ein preisgekrönter kanadischer Journalist, geht in diesem Buch der Frage nach, was eigentlich wirklich passieren würde, wenn es einen deutlichen Einbruch (um ca. 20%) im Konsumverhalten unserer kapitalistischen Welt (bzw. einzelner Länder) geben würde. Dass wir eine solche (kräftige, aber letztlich doch maßvolle) Umkehr unserer Wachstumswirtschaft brauchen, um den großen ökologischen Herausforderungen auch nur halbwegs gerecht zu werden, steht für ihn (und für viel andere Experten) völlig außer Frage. Das Problem ist nur: Es gibt kaum realistische Rezepte oder gar Modelle für eine solche radikale Umsteuerung. Die kapitalistische Wachstumslogik ist so unlösbar mit unserer Art so wirtschaften, Wohlstand zu erschaffen bzw. zu verteilen und mit unserem gesamten Lebensgefühl verwoben, dass der oft zitierte Spruch: „Man kann sich eher das Ende der Welt vorstellen, als das Ende des Kapitalismus“ kaum übertrieben erscheint. Statt „Kapitalismus“ könnte man auch „Konsumieren“ sagen. Selbst Bürger und Entscheider, die sich eine Schrumpfung vorstellen, wünschen und diese sogar für unverzichtbar halten, verzweifeln angesichts der zu erwartenden Aussichten auf Arbeitslosigkeit, Sozialabbau und Wohlstandsverlust. Wir scheinen in einer ausweglosen Sackgasse zu stecken. MacKINNON lässt sich davon nicht abschrecken. Er nimmt die Spur auf und erkundet das Gelände Schritt für Schritt. Als Ausgangspunkt bietet sich dabei die Corona-Pandemie mit ihren weitgehenden Lockdown-Phasen an: Zum einen hat es tatsächlich einen sehr plötzlichen Einbruch des Wirtschaftslebens und Konsumverhaltens gegeben, zum anderen ist aber auch für viele Menschen ein unmittelbarer Eindruck entstanden, welche positiven Erfahrungsmöglichkeiten mit einem Abbremsen verbunden sein könnten: Ein blauerer Himmel, leere Straßen, mehr Zeit für Familie, Freunde, Hobbies und Muße. Viele haben die Unterbrechung des Hamsterrades von Arbeit und Konsum als Chance zur Selbstbesinnung erlebt. Der Autor spricht mit Fachleuten, besucht Produktionsstätten, Aussteiger und besondere Orte, in denen sich bereits eine – meist unfreiwillige „Schrumpfung“ vollzogen hat. Vertiefende Einblicke erhalten wir z.B. in die skandalöse Fehlentwicklungen der Wegwerf-Mode, der abstrusen Klimatisierungs-Standards und der extrem gesteigerten Lichtüberflutung unserer Zivilisation. MacKINNON führt uns das Leben in Ecuador vor, weil dieses Land ziemlich genau das Wohlstandsniveau hat, das sich die Menschheit im Durchschnitt leisten könnte, um im Gleichgewicht mit den Ressourcen unseres Planeten zu leben. Besonders informativ und ermutigend sind Beispiele von Unternehmen, die sich bereits von selbst (aus Tradition oder aus Klimabewusstsein) von der Wachstumslogik verabschiedet haben, und sich auf langlebige, hochwertige Produkte konzentrieren. Es ist ein extrem facettenreiches Bild, das vom Autor gemalt wird. Das betrifft nicht nur die inhaltlichen Themen, sondern auch die Art der Vermittlung. MacKINNON ist kein Fanatiker, er missioniert nicht, er schwingt nicht die Moralkeule (die ja von so vielen Leuten gefürchtet wird). Er wägt ab, guckt sich beide Seiten der Medaille an, verschweigt nicht die Probleme und Risiken einer Umsteuerung. Sein Schreibstil ist ruhig und klar; er nimmt sich Zeit. Auch die psychische Seite des Konsums bzw. des Konsumverzichts wird betrachtet: Werden Menschen wirklich bereit sein, sich für andere Aspekte von Lebensqualität zu öffnen, wenn sie ihren Selbstwert und ihren Lebenssinn nicht mehr so stark materiell definieren können? Kann man darauf vertrauen, dass die Transformation freiwillig erfolgen wird – oder braucht es die großen strukturellen Vorgaben? Es gelingt dem Autor in diesem Buch sehr gut, die anfängliche emotionale Reaktion der meisten Leser: „Das geht sowieso nicht, mit dem Verzicht auf den Konsum“ zu relativieren. Nach und nach wird deutlich, dass es nicht um ein „Alles oder Nichts“ gehen muss, sondern um ein Zurückdrehen der Wachstums-Exzesse der letzten Jahrzehnte. Aus dem unvermeidbar erscheinenden „Zusammenbruch der Zivilisation“ entwickelt sich allmählich ein Bild der Neubesinnung auf ein „menschliches“ Maß, in dem bewusster, weniger, nachhaltiger und im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft konsumiert wird. Wir werden eingeladen, uns ein neues Gleichgewicht von Bedürfnissen und Konsum vorzustellen: Zufriedenheit könnte sich einfach dadurch einstellen, dass man lernt, weniger zu wollen – statt sich von einer Multimilliarden-Werbeindustrie immer neue Bedürfnisse einreden zu lassen. Gegen Ende wirft MacKINNON einen Blick auf eine Jäger/Sammler-Gesellschaft, die ein extremes Gegenmodell zu dem aktuellen Wachstumswahn darstellt. Doch das ist nur ein Denkanstoß. Die besondere Qualität dieses Buches liegt gerade darin, dass es nicht um Utopien oder einen Kulturbruch geht. Der Autor holt die ökologische Notwendigkeit der Transformation in eine Post-Wachstums-Welt aus dem Abstrakten ins Konkrete. Und sich auf diesen Prozess einzulassen, tut überhaupt nicht weh – macht aber nachdenklich und ganz sicher auch klüger. Ein fantastisches Buch, das mit Sicherheit nachwirkt…

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Kann es neue Geschäftsmodelle geben, eine neue globale Kultur, in der wir keine Lust mehr haben, die Hauptrolle in unserem Leben als Konsument*innen zu spielen? MacKinnon legt eine Analyse vor, in der er mit vielen verschiedenen Menschen auf der Welt im Austausch darüber selbstredend vor allem das alles darlegt, was schiefläuft. An einigen Stellen zeigt er bereits bestehende Einzelfälle von Gemeinschaften, die entweder noch nie in diesem Kreislauf des Konsums gefangen waren, oder ausgestiegen sind. Ein wirklich umfassenderes Modell wird allerdings nur marginal gestreift. Vor allem der Bekleidungsmarkt wird von ihm genauer unter die Lupe genommen, immerhin auf Platz 15 unter den großen Volkswirtschaften und in vielen ärmeren Ländern der Hauptverdienst für einen Großteil der Bevölkerung – z.B. Bangladesch, und viele Weitere werden nachziehen, derzeit z.B. Äthiopien. Beispielgebend für andere Modelle sind die südamerikanischen Länder, in denen das Buen Vivir als Modell des Guten Lebens den statistischen Erhebungen eines Bruttoinlandsprodukts an die Seite gestellt wird, z.B. Ecuador, Bolivien, Peru. In Ecuador gibt es ein Ministerium für das Gute Leben. Und es gibt in der Verfassung Die Rechte der Natur. Der Fehler im System des marktwirtschaftlichen Denkens liegt darin, dass wir die Schädigungen, die wir Mensch und Natur zufügen, abgekoppelt haben von unserer Konsumlust. Ist diese Konsumlust denn unersättlich? Womöglich evolutionär erklärbar? Es hat jedenfalls noch nie eine Partei wirklich damit geworben, eine Verbesserung der Situation zu erreichen durch Verringerung des Konsums. Rebound Effekt, Green Washing, lauter Strategien werden uns vorgeschlagen, die die Schäden kompensieren sollen – um das Wachstum der Weltwirtschaft aufrecht zu erhalten. „Erst in Folge der industriellen Revolution begann die Pro-Kopf-Produktion zu Beginn des 19. Jahrhunderts rasant zu wachsen. In den Hunden Jahren zwischen 1913 und 2013 wuchs die Weltwirtschaft dreißig mal schneller als während der längsten Zeit der Menschheitsgeschichte. Jedes Jahr wurden mehr und mehr dinge erzeugt und verkauft. Die Konsimökonomie war geboren.“ S.133 Aber was ist mit den sozialen Kosten, und was mit den Kosten, die entstehen durch Umweltzerstörung? Eine soziale Umverteilung des Wohlstands, eine Verringerung der Einkommensungleichheit bei gleichzeitiger Verringerung der Arbeitszeit könnte einen nachhaltigeren Wohlstand mit weniger CO2-Ausstoss mit sich bringen. Einkaufen ist zur vorübergehend wirksamen Einzeltherapie gegen Statusängste geworden, verhindert aber nicht, dass unser Selbstwertgefühl ständigen Attacken ausgesetzt ist. Andere existentielle menschliche Bedürfnisse treten in den Hintergrund. Eine Firma, die mit Demarketing für einen neuen Dekonsumismus wirbt ist Patagonia. Das Konzept des „Wort Wear“ versucht die Kunden dazu anzuhalten, die Kleidung möglichst lange zu tragen. Patagonia bietet die Reparatur der Kleidung an und veröffentlichst regelmäßig Fotos von Geflickter und stark benutzter Kleidung. (nach S.177) Interessant ist die Wahrnehmung der Konsument*innen: wenn eine Person, die es sich offensichtlich leisten könnte, schneller zu konsumieren, trotzdem am Dekonsum festhält, wird dies mit einem höheren Status bewertet, als bei einer Person, von der man glaubt, dass sie aus Mangel nicht mehr konsumieren kann. Es müsste also gelingen, Dekonsum mit einem Wert zu verbinden. Werbung kann bis zu 70 % der Kosten eines Produkts ausmachen. Es gibt bereits Hersteller, die diese Schiene fahren – aber die muss man dann suchen. Das passt nicht in unser System der Algorithmen, die uns heute sagen, was wir morgen wünschen. Extrinsische Werte verschaffen uns in ersterLinie Befriedigung, wenn sie von anderen anerkannt werden. (…) Intrinsische Werte verschaffen uns direkte innere Befriedigung, ohne dass wir äußere Bestätigung brauchen würden. >>Enge und treue Freunde zu haben << ist ein intrinsischer Wert.“ S.189 Unsere Art zu konsumieren ist zu einer Art der Bewältigungsstrategie verkommen in einer Gesellschaft eines kulturell geprägten Materialismus. „Das Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung ist ein wichtiger Anreiz für Shopping und Konsumismus. (…) >>Früher wollten wir Unternehmer sein. Jetzt wollen wir gute Menschen sein<<, sagte ein Studienteilnehmer.“ S.195 Als Island 2009 dem Staatsbankrott nahe war, reagierten viel Menschen mit einer Hinwendung zu intrinsischen Werten. Die Hinwendung zu extrinsischen Werten wurde zunehmend als Last wahrgenommen. „Schon vor der Pandemie hatte mich Kasser gewarnt, der Abschied vom Konsum sei eine Reise, die leicht begonnen, aber nur schwer fortgesetzt werden könne:>>Vielleicht nimmt das Wohlbefinden anfangs zu, weil wir uns von der Konsumkultur lösen, aber wir werden feststellen, dass intrinsische Werte nicht ganz so leicht zu verfolgen sind. Wir haben nicht immer die Fähigkeiten, um sie zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen.<<“ S.201 Und wenn wir diese Fähigkeit nicht entwickeln konnten, steht es tatsächlich nicht gut um unser Wohlbefinden. Genau hier liegt der wunde Punkt eines auf extrinsischen werten fußenden Kapitalismus: er beraubt die Menschen der Fähigkeit, intrinsische Bedeutungen für sich zu generieren. Außerdem liegt in der extrinsisch motivierten, auf materielle Dinge ausgerichteten Lebenshaltung weniger Befähigung zur Entwicklung von solidarischen und kooperativen Verhaltensweisen, weil die Aufmerksamkeit in der Befriedigung der Bedürfnisse sehr egoistisch fixiert ist. Konsumverhalten richtet sich in der Regel an ein Individuum, nicht an gemeinsames Erleben. Ein nachhaltiges Konsumniveau ist also aus vielen Gründen anstrebenswert. eine der Firmen, die sich darum bemühen ist Levi Strauss & Co. Levi’s ist die größte Marke, die offen gestanden hat, dass unser Konsumverhalten unser größtes Umweltproblem darstellt. (nach S.215) Levi’s konzentriert sich auf das Kerngeschäft. Die Botschaft ist klar: weniger kaufen, aber dafür langlebiger. Und: recycling ist gut, aber Wiederverwendung ist noch besser. Die Marketingleiterin selbst von Levi’s hat sich vorgenommen, außer Levi’s Produkten nur noch gebrauchte Kleidung zu kaufen. Ein der Firmen, die ganz vorne stehen mit einem Aufruf zum Dekonsumismus. McKinnon ist der Ansicht, dass die Pandemie, die Quarantäne im Konsumverhalten, uns wie nichts vorher vor Augen geführt hat, wie deutlich sichtbar unser Verhalten die Umwelt beeinträchtigt. Fakir Fashion in Bangladesch, Strickwarenhersteller für unter anderem H & M, Zara, Tom Tailor, ist der Ansicht, dass es, entgegen aller Prognosen, gar nicht so schlimm wäre, wenn unsere Nachfrage nach Billigmode in Bangladesch zurückgehen würde. In dem Film „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“, erklärt ein anderer Hersteller das Prinzip von Fast Fashion: für das selbe Geld muss immer mehr produziert werden um der Wettbewerbsfähigkeit willen, was zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen führt. Der Leiter von Fakir Fashion erläutert, dass eine Erhöhung um 2 Cent pro Kleidungsstück nicht nur eine Lohnerhöhung von 7 – 8 Prozent ausmachen würde, sondern gleichzeitig auch die Möglichkeit mit sich brächte, weniger zu produzieren. Die Verfahren für das Recycling von Polyester, Baumwolle, als auch Mischgeweben sind mittlerweile so gut, dass bis zu 90 % der Materialien verwertet werden könnten. Eine Technologie dazu hat das englische Unternehmen Worn Again entwickelt. „Im Textilsektor wird gegenwärtig nur etwa 1 % der ausgemusterten Kleidung recycelt und erneut zu Kleidung verarbeitet; weitere 12 % werden in Produkte wie Matratzenfüllungen und Wischtücher umgewandelt. Aus Sicht von Unternehmen wie Worn Again gehen jedes Jahr Rohstoffe im Wert von 100 Milliarden Dollar verloren.“ S.257 Verbunden mit dem Gedanken einer Dekonsumkultur würden die Ressourcen, die bereits vorhanden sind, ausreichen, um unseren Bedarf an Kleidung zu decken. Solch eine Kreislaufwirtschaft würde nicht nur unser Konsumverhalten, sondern auch unsere Einstellung nachhaltig verändern. Der schnelle, unüberlegte Konsum wäre nicht mehr der >Mittelpunkt unseres Lebens und Strebens. Endlich könnte man sich wieder um existenzieller Bedürfnisse kümmern. Es gibt genügend Bereiche, in denen eine andere Form von Konsum praktiziert wird. Zum Beispiel unser Lieblingsitaliener um die Ecke. Wir wollen ihn klein, persönlich, familiär, mit langer Tradition. Warum denken wir bei anderen Unternehmen, sie müssten wachsen? In Japan gibt es die meisten Firmen mit alter Tradition: mindestens 35.000 die über hundert Jahre alt sind und einige Dutzend, die sogar über 500 Jahre alt sind. Dass schnelles Wachstum und schneller Konsum unserem Wohlbefinden nichts hinzufügen kann, ist eine Binsenweisheit. Eine weitere Wahrheit ist aber auch, dass wir um der Profite willen viele Dinge tun oder haben geschehen lassen, die unserem Wohlbefinden ganz offensichtlich großen Schaden zufügen. So wurde zum Beispiel die dem Wohlbefinden entsprechende Raumtemperatur in den USA zwischen 1923 und 1986 von 18 auf 24,6 Grad angehoben, was uns nicht nur lähmt, sondern auch fett und krank und inaktiv macht. „Thermale Langeweile“ wird das auch genannt. nach S.315 Gerade unter den Reichen gab es lauf McKinnon schon in der Vergangenheit viele, die sich um anderer Werte und Inhalte willen einem Dekonsumismus, Antikapitalismus, Antimaterialismus verschrieben haben. Könnte man irgendwie daherkommen, dass Wohlstand eben nicht ist gleich Konsum bedeutet? Wir brauchen Beispiel, wir brauchen Vorreiter, wir brauchen Menschen, die uns inspirieren. Wohlwissend, dass dem so ist, hat sich nun gleichzeitig ein Markt entwickelt, der ein oberflächliches Bedürfnis nach Nachhaltigkeit scheinbar befriedigt („Die grüne Lüge“, Film von und mit Katrin Hartmann). Jedes mal, wenn wir etwas effizienter gestalten, umRessourcen einsparen zu können, tritt das so genannte >>Jetons Paradox<< ein: wir verbrauchen einfach mehr, immer bis zur Erschöpfung. Unser Appetit auf Konsum scheint unersättlich zu sein. Wir entwickeln Stromsparende Lampen – und installieren einfach mehr davon; wir bauen effizientere Elektrogeräte – dann kaufen wir eben mehr oder größere davon. Und selbst wenn wir das nicht tun, geben wir das Geld an anderer Stelle für Konsum aus. Geld ist ein „Trickbetrüger“ nach S.326. Es gibt verschiedene „Rebound-Effekte“. McKinnon formuliert eine einfache Faustregel: „Wenn wir mehr Geld ausgeben, erhöhen wir wahrscheinlich die Umweltauswirkungen unseres Lebensstils; wenn wir weniger Geld ausgeben, verringern wir sie wahrscheinlich. Egal, wo das Geld einfließt, es wird etwas bewirken.“ S.327 Ein Sozialphilosoph, Richard Greg, prägte bereits 1936 den Begriff „Freiwillige Einfachheit“. In den 80ern gab es einen Trend der sich „Down-Shifting“ nannte, und Herunterschalten meinte. Verschiedenen Ansätzen gemeinsam ist, dass wir uns unserer wahren Bedürfnisse um so besser erinnern, je weniger wir von den vorgegebenen extrinsisch motivierten Bedürfnissen entwickeln. „Bei fast allen Menschen klafft eine psychologische Lücke zwischen dem in ihren Augen richtigen Verhalten im Alltag und ihrem tatsächlichen Verhalten. Je materialistischer jemand ist, desto größer dürfte diese Lücke sein. Ob es ihnen nun wirklich bewusst ist oder nicht, Materialisten leiden oft unter ihrer Unfähigkeit, sich in bessere Menschen zum verwandeln: sie spüren eine Inkongruenz zwischen ihrem idealen und ihrem tatsächlichen Selbst. Bei Vereinfachern ist die Lücke oft kleiner, womit die Kongruenz größer ist.“ S.370 Dieses Buch knallt es einem so richtig vor den Latz: wir haben uns entfernt von dem, was ein nicht-entfremdetes Leben sein könnte auf eine noch nie dagewesene, zerstörerische Art. Anhand der vielen guten Beispiel, die MacKinnon bringt, wird es so plakativ anschaulich, dass man nicht umhin kann, über die eigenen Veränderungspotenziale nachzudenken und auch darüber zu reden. Prädikat wertvoll!

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Gǂkao (gesprochen so ähnlich wie Gitkao) lebt in einem kleinen Dorf in der Kalahari. Die Menschen dort ernähren sich von der Jagd, sie besitzen nur das Nötigste. Früher hat Gǂkao als öffentlicher Bediensteter gearbeitet und Geld verdient. Etwa seit der Jahrtausendwende ist der Konsum die größte Gefahr für unsere Umwelt. Der kanadische Journalist J. B. MacKinnon beschäftigt sich in seinem Buch umfassend mit dem, was er fast schon euphemistisch als Konsumkultur bezeichnet. Er erläutert die Folgen – den enormen und ständig steigenden Verbrauch von Ressourcen und den damit verbundenen Ausstoß von CO2 ebenso wie den daraus entstehenden Müll. Zielsicher benennt er das Dilemma, in dem wir uns befinden: „Wir müssen aufhören, Zeug zu kaufen, aber wir können nicht aufhören, Zeug zu kaufen.“ (S. 22) Unser Leben ist darauf ausgerichtet, Dinge zu produzieren, zu verkaufen, zu entsorgen, damit wir neue Dinge produzieren, verkaufen, entsorgen können. Unsere Ausgaben erzeugen anderer Leute Einkommen und wir haben uns längst vom Prinzip der einfachen Arbeitsteilung verabschiedet, wir sitzen im Konsum-Hamsterrad. MacKinnon analysiert die Lage, zeigt, welche Auswirkungen der Konsum auf unser Leben hat und startet daraus resultierend ein Gedankenexperiment: Was würde geschehen, wenn wir von einem Tag auf den anderen aufhören würden zu shoppen. Er untersucht, wer die Verlierer eines Shoppingstopps sein würden und wer die Gewinner. Er erörtert die verschiedenen Stadien des wirtschaftlichen Zusammenbruchs und greift dabei auf lokale Krisen in der Vergangenheit zurück – die Wirtschaftskrise in Finnland Anfang der 90er Jahre, der Zusammenbruch der Sowjetunion oder auch die Folgen des Corona-Lockdowns im Jahr 2020. Dabei wird deutlich, dass wir einerseits den Kollaps unseres Wirtschaftssystems und enorme Arbeitslosigkeit und Verarmung in Kauf nehmen müssten, andererseits die Menschen zu einem neuen Miteinander zurückkehren. Weniger Konsum kann auch als Element von Glück begriffen werden. Auf dem Weg durch das Konsum-Zusammenbruchs-Szenario beschreibt der Autor verschiedene Faktoren des vielbeschworenen Wirtschaftswachstums. Er erzählt die Geschichte der geplanten Obsoleszenz, also der absichtlich herbeigeführten verkürzten Lebensdauer von Produkten, um den Absatz anzukurbeln. Er besucht Textilfabriken in Südostasien, die schon fast ein Symbol des Dilemmas sind, in dem wir stecken: Ganz gleich, wie schlecht sie Arbeitsbedingungen sind, für die Arbeiter in den Fabriken ist die Textilindustrie die einzige Möglichkeit, ein Einkommen zu haben. Er untersucht die Rolle des Geldes und den steigenden Hunger nach Energie als Teil des Konsumverhaltens. Er zeigt zudem, dass auch grüner Konsum nicht die Lösung ist. An vielen Orten der Welt trifft er aber auch auf Menschen, die sich dem Kaufrausch entziehen und nach neuen Wegen suchen – Gemeinschaftsprojekte, Reparaturcafés, aber auch Firmen, die nicht nach maximalem Wachstum streben, sondern auf Nachhaltigkeit setzen. Er beschreibt Orte, die beispielhaft zeigen, wie unser Leben aussehen könnte, wenn wir nur noch das kaufen, was wir wirklich brauchen. Gǂkao hat sich bewusst dafür entschieden, in sein Dorf zurückzukehren. Für ihn ist Wohlstand nicht mit materiellen Gütern verbunden, sondern mit frei verfügbarer Zeit. Darin sehe ich einen wichtigsten Denkanstoß: Eine neue Bewertung von Begriffen wie Wohlstand oder Freiheit könnte uns helfen, aus dem Hamsterrad auszubrechen.

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Unser aller Leben wird in zig Facetten vom Konsum bestimmt. Wir geben täglich Geld für die trendigste Kleidung, die neueste Technologie oder den tägliche Starbucks-Kaffee und den angesagtesten Burgerladen. Viele Dinge, die vor garnicht allzulanger Zeit Luxusartikel waren wie z.B. eine Klimaanlage sind aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Aber was davon ist wirklich wichtig und lebensnotwendig? Überdenken Die ansonsten recht unselige Pandemie hat so manchen dazu gebracht, über sein Einkaufsverhalten nachzudenken. Ich verließ z.B. meine Wohnung deutlich weniger als sonst - also musste ich mich auch deutlich seltener in Schale schmeißen und habe von daher seit Beginn der Pandemie deutlich weniger Klamotten gekauft. Unglücklicher hat mich das nicht gemacht. Dadurch, dass ich viel mehr Zeit daheim verbracht habe, hatte ich entsprechend viel Zeit nachzudenken meinen Konsum mal gründlich zu überdenken. Beispiele So wie mir ging es ganz, ganz vielen Menschen und es gab eine Zeit in dieser Pandemie, in der fast jeder auf der Welt das shoppen nahezu eingestellt hat und nur noch die wirklich wichtigen (mal abgesehen von Toilettenpapier, Mehl und Hefe) Dinge eingekauft hat. Mit vielen Beispielen zeigt McKinnon auf, das es verblüffend viele Gesellschaften gibt, die ganz ohne überflüssigen Konsum glücklich sind. Viele dieser Beispiele sind sicher nur begrenzt vergleichbar, aber sie helfen auf jeden Fall das eigene Verhalten zu reflektieren. Projekt Besonders beeindruckt hat mich das Projekt Every One. Every Day Das Projekt bietet den Bewohnern täglich zwanzig Möglichkeiten innerhalb von 15 Minuten an einer kostenlosen Aktivität mit ihren Nachbarn teilzunehmen. Es hilft dabei, Menschen durch Beschäftigung und Engagement in der Gemeinschaft glücklicher zu machen, es verbessert die Lebensqualität und erhöht das Glücksniveau ohne, dass auch nur ein Cent den Besitzer wechselt. Ich finde es ein besonders gutes Beispiel, wie ein weniger konsumorientierter und eher alternativer Lebensstil auch funktionieren kann. Umwelt Vor der Lektüre dieses Buches war mir nicht klar, welche weitreichenden Folgen meine Konsum auf die Umwelt hat. Die Reduzierung unseres gesamten Konsums um ungefähr ein Drittel würde der Umwelt viel Erleichterung verschaffen. Leider reicht es nicht, wenn nur einzelne Menschen ihre Einkaufsgewohneheiten ändern, aber ich finde immer nur darauf zu warten, das meine Nachbar beginnt kann ja auch nicht die Lösung sein. Ich denke es ist durchaus lohnenswert, wenn man seinen eigenen kleinen Anteil leistet - denn der summiert sich dann mit dem kleinen Anteil anderen Menschen zu einer großen Menge. Mein Fazit: Der Tag, an dem wir aufhören zu shoppen von J. B. MacKinnon enthält sicher nicht alle Antworten, aber liefert viele gute Beispiele und Anregungen aus dem realen Leben wie wir uns eine bessere Zukunft gestalten könnten. Es lässt sich leicht und flüssig lesen und ich finde es wirklich sehr empfehlenswert.

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Habt ihr euch schon mal Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn wir alle nicht mehr shoppen gehen würden? • Die Rede ist nicht vom normalen Einkauf, wo man das notwendige besorgt. • Sondern vom SHOPPEN! Vom „ich geh mal durch die Stadt bummeln und kauf, was mir gefällt…“ … obwohl es meist nicht gebraucht wird… • Genau darum geht es in dem Buch. • Nachdem ich zuletzt das Buch zum „Buy-Nothing-Prinzip“ gelesen hatte, war ich dem hier etwas skeptisch gegenüber. Ich habe gemerkt, dass ich zum Thema Konsum wieder gut gesättigt bin, wollte der Lektüre aber eine Chance geben. • Und bin darüber sehr froh! 😌 • Denn die Thematik ist als Gedankenexperiment aufgebaut und es wird wirklich „durchgespielt“, was passieren würde, wenn die Menschen vom einen Tag auf den nächsten ihren Konsum drastisch ändern. • Wenn sie eben nicht noch eine Jeans kaufen, weil sie ihnen gefällt, obwohl sie vielleicht ein dutzend davon schon im Schrank haben (die noch alle ganz sind!) • Es wird dabei auf die Menschen geschaut, auf die Unternehmen und auch auf die Umwelt 🌳 Was setzen sich in den Bereichen für „Mechanismen“ in Gang? • Und es wird auch auf Corona Bezug genommen. Denn als im März letzten Jahres, das Leben auf der Erde nahezu still stand wegen dem Virus, da hatten wir genau diese Situation - die Menschheit hatte schlagartig aufgehört zu shoppen. (Onlineshopping kam er etwas später vermehrt auf, zu Beginn war jeder einfach planlos und verunsichert…) • Ich fand das Buch sehr gut! Es war leicht verständlich geschrieben, auch wenn mir ein paar Unternehmen weniger auch gefallen hätten 😅 Und manches vereinzelte Mal war es mir dann doch etwas zu wissenschaftlich, was mich (!) dann immer ein wenig aus dem Lesefluss geholt hat. • Aber es ist auf jeden Fall lesenswert! Vor allem, wenn man sich mit dem Thema und seinem eigenen Konsumverhalten mal auseinandersetzt! • Daher gibts von mir 4 von 5 ⭐️

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"In einer Konsumgesellschaft gibt es durchweg zwei Arten von Sklaven: die Gefangenen der Sucht und die Gefangenen des Neids" (Ivan Illich, Philosoph und Theologe) Was würde passieren, wenn wir nichts mehr kaufen? Was passiert mit den Unternehmen, den Mitarbeiter:innen und mit einem selbst? Geht das überhaupt? Nichts mehr zu konsumieren? Der Frage geht der Autor anhand von verschiedenen Stufen (die ersten Tage-Zusammenbruch-Anpassung-Transformation) nach. Er nutzt Beispiele und Studien und versucht dem Lesenden aufzuzeigen, was passieren könnte. Die gewählten Beispiele und Studien waren durchaus interessant, aber leider war kaum etwas Neues dabei und zudem wurden die Daten und Fakten recht trocken wiedergegeben. Auch die Auswahl der Beispiele fand ich etwas schwierig. Er zieht kein Thema von A bis Z durch. Er hüpft von der Mode zur Energie zum Klimawandel. Zwar ist alles gut erklärt, aber ich hatte erwartet, dass er anhand eines Beispiels die vier Stufen erläutert. Seine Ausführungen könnenn den Blick für das Wesentliche wieder etwas mehr schärfen und vorallem die Notwendigkeit des schnellen Handelns aufzeigen. Es zeigt sich durch die Studien und Artikel, die man am Ende des Buch noch einmal aufgelistet bekommt, dass jeder für sich entscheiden muss, ob man wirklich bereit ist, sich zu verändern und sich anzupassen. "Können wir das Konsumdilemma lösen? Die Antwort: Ja, wir können. Indem wir eine auf endlose Expansion ausgerichtete Wirtschaft bremsen, kehren wir lediglich zum langfristigen Trend eines graduellen Wachstums zurück, [...]: Mit Einfallsreichtum können wir uns anpassen. Die persönlichere Frage - ob wir diesen Weg einschlagen wollen - ist schwerer zu beantworten." (J.B.MacKinnon, S. 440)

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