Interview mit Rosie Walsh zu ihrem ersten Buch
In einer Zeit, die Individualität und Unabhängigkeit als Ideale feiert – ist es da nicht altmodisch, nach der großen Liebe zu suchen?
Ganz und gar nicht! Ich glaube aber, sich die eigene Individualität und Unabhängigkeit zu erhalten ist – für beide Beteiligte – das Fundament einer erfolgreichen Beziehung. Selbstverständlich muss man Kompromisse machen, und die vollkommene Freiheit, die man als ungebundener Single genießt, wird natürlich eingeschränkt: Nehmen wir als Beispiel, jemand würde, ohne sich mit dem Partner abzusprechen, einfach eine Urlaubsreise alleine buchen. Das wäre doch irgendwie unhöflich. Aber ich wüsste nicht, warum Frauen im Namen der Liebe ihre Prinzipien über Bord werfen oder ihren freien Willen aufgeben sollten. Warum sollten wir nicht alles haben können? Männer haben das doch auch, seit Jahrhunderten schon! Für mich ist die Suche nach einem Lebenspartner die nach einem Mitspieler, nicht nach einem Spielführer.
Du hast den Mann deiner Träume bereits gefunden. Hast du einen Tipp für alle, die noch auf der Suche sind?
Ich war viele Jahre Single, und irgendwann habe ich die Hoffnung aufgegeben und bin nach Argentinien gezogen, um Bücher zu schreiben. Eines Tages stand ganz plötzlich ein sehr netter Mann namens George vor meiner Tür in Buenos Aires – ich weiß also nicht, ob ich gute Tipps geben kann. Vielleicht sollte man einfach ans andere Ende der Welt ziehen, wenn einem danach ist, aber ich kann nicht garantieren, dass der Mann der Träume frei Haus dazu geliefert wird. Ich hatte einfach unglaublich großes Glück!
Aber davon abgesehen glaube ich: Ich habe ihn kennengelernt, weil ich dazu bereit war. Wie viele andere Frauen ging ich langsam auf die Vierzig zu und musste einen ziemlich langen Selbstfindungsprozess hinter mich bringen – ich habe mich endlich mit Themen auseinandergesetzt, die ich jahrelang einfach ignoriert hatte. Und so habe ich schließlich einige ungesunde Muster durchbrechen können, in denen ich zuvor gefangen war. Hätte ich George vor diesem Prozess kennengelernt, wer weiß, ob es mit uns funktioniert hätte.
War es schon immer dein Wunsch, Schriftstellerin zu werden? Und woher holst du dir deine Inspiration beim Schreiben?
Als Kind wollte ich mit dreißig Premierministerin sein. Später wollte ich Konzert-Violinistin werden, was allerdings daran scheiterte, dass ich nie geübt habe. Und danach Schauspielerin, was daran scheiterte, dass ich kein Talent habe. Ich weiß gar nicht mehr, was ich werden wollte, als ich angefangen habe zu schreiben – zu der Zeit arbeitete ich beim Fernsehen und führte gerade Regie bei meiner ersten Dokumentation. Filmemachen hat mir Spaß gemacht, aber das war nicht das, was ich mein ganzes restliches Leben machen wollte.
Kurz bevor mein Film abgedreht war, sprach mich eine Lektorin an, die meinen Blog in der Marie Claire gelesen hatte. Sie fragte mich, ob ich schon mal darüber nachgedacht hätte, Schriftstellerin zu werden. „Nein“, antwortete ich. Sie fragte mich, ob ich mich mit der Vorstellung anfreunden könne. „Nein“, antwortete ich. „Ich bin gut im Redigieren, aber ich habe keine eigenen Ideen für Geschichten. Ich könnte mir keine Romanhandlung ausdenken, nicht mal unter Androhung von Gewalt.“
Erst als eine Freundin mich später entgeistert fragte, ob ich vollkommen den Verstand verloren hätte, schrieb ich der Lektorin eine E-Mail, dass ich eventuell doch gerne Schriftstellerin werden würde. „Okay“, meinte sie. „Dann schreiben Sie ein Buch. Wenn Sie fertig sind, schicken Sie es mir, und dann schauen wir, ob es mir gefällt.“ Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Aber irgendwann fand ich Inspiration in meinem eigenen Leben – mein Freund hatte sich kurz vorher von mir getrennt, und das nahm ich dann als Ausgangspunkt für meinen ersten Roman.