Zugegeben: Es ist verwegen, von der Anmut der Welt zu sprechen, und das im Jahr zwei der Corona-Pandemie. Krankheit, Hunger, Krieg, Folter, Gewalt gegen Kinder, Frauen und Männer, dazu Hurricanes, Erdbeben, Vulkanausbrüche, das Fressen-und-gefressen-Werden in der Natur und so vieles mehr scheint eine krass andere Sprache zu sprechen.
Und doch: Die Rede von der Anmut der Welt berührt eine Sehnsucht in uns, den Traum, dass es anders sein könnte. Diesen Traum, der Menschen immer wieder dazu beflügelt, hinauszuwachsen über sich selbst, über Angst, Gier und Selbstbespiegelung. Ach, könnte das wahr sein: eine Welt der Anmut, der Poesie und der Liebe!
Und das ist ja auch wahr. Es gibt nicht nur das Grauen, es gibt nicht nur Tod und Verderben. Und es kommt wesentlich auf unsere Perspektive an, was wir in der Welt sehen. Ob es uns gelingt, in all dem Schrecklichen das Herrliche zu sehen – oder zumindest zu erahnen. Es braucht den Blick der Liebe und das Vertrauen, dass das nicht alles ist, was wir mit unseren physischen Augen erblicken.
Dieses Buch ist eine Einladung, die Perspektive zu wechseln. Den anderen Blick einzuüben. Sich einzulassen auf die Tiefe des Seins, von dem die Religionen seit jeher erzählen und singen. Ohne die Augen zu verschließen vor dem, was schrecklich ist, lade ich Sie ein, anders auf Gott und die Welt zu schauen, und meine Hoffnung ist es, dass die Anmut der Welt immer wieder aufscheint. Bruchstückhaft, wie in einem dunklen Spiegel. Und doch wirklich.
Mehr als wirklich.
Tilmann Haberer