Der Start in den Thriller gelingt mir gut und ist vor allem durch die Einführung der Charaktere gekennzeichnet. Auch atmosphärisch ist spürbar, dass etwas Unheilvolles in der Luft liegt. Doch bevor sich das Gefühl verdichten kann, lerne ich die Polizeischülerin Johanna Böhm kennen. Sie ist ein interessanter Charakter und obwohl mir die Informationen ein bisschen zu viel auf einmal sind, vermute ich, dass diese Details später noch relevant sein werden.
Leon Sachs gibt einen kleinen Einblick in die Ausbildung der Polizei und bringt mir dadurch Johanna näher. Zudem lerne ich ihre Freunde kennen und bekomme ein besseres Gefühl für Johannas Umfeld.
Die Spannung baut sich langsam auf und das gefällt mir. So habe ich Zeit, mit den Figuren warm zu werden und es gibt mir die Gelegenheit, in der Geschichte anzukommen. Denn eins wird im Verlauf deutlich, manche Akteure haben eine Verbindung zu einander, die weiter zurückreicht als „Die Villa“ beleuchtet. Das liegt daran, dass es vor diesem Buch noch einen anderen Thriller gab. „Der Zirkel“ ist der erste Band rund um die Polizeischülerin Johanna. Das erklärt auch, warum ich manche Beziehungen nicht in ihrer vollumfänglichen Tragweite erfasse. Dennoch lässt sich „Die Villa“ ohne Vorkenntnisse lesen, da Leon Sachs viel Wert daraufgelegt hat, wichtige Knotenpunkte zwischen den Ereignissen verständlich und kurz zusammenzufassen. Das steigert zudem meine Neugierde auf „Der Zirkel“.
Die kurzen Kapitel und der leichte Schreibstil sorgen für einen rasanten Lesefluss. Häufige Szenenwechsel erhöhen nicht nur den Spannungsbogen, sondern lassen auch vielfältige Ansatzpunkte erahnen, welche wiederum unterschiedlichste Emotionen in mir hervorrufen. Außerdem weiß ich durch verschiedene Perspektivwechsel mehr als die Akteure. So wird mir auch klar, welche möglichen Schwierigkeiten auf sie warten, während sie auf ihre gut durchdachten Pläne vertrauen. Dies erhöht meine Aufregung und motiviert mich zum Raten, was als nächstes passieren wird.
Die Charaktere sind ganz unterschiedlich ausgelegt, vom Sympathieträger bis hin zu abscheulichen Figuren ist alles dabei. Durch den personalen Erzähler wird alles gekonnt vereint, sodass „Die Villa“ in einem homogenen Fluss zu lesen ist.
Moderne Sklaverei ist leider kein Mythos, sondern traurige Realität. Das beweist auch Leon Sachs einfühlsam, indem er eine Figur erklären lässt, wie Menschenhändler junge Frauen gefügig machen können. Das dies mitunter viel einfacher ist als gedacht, erschreckt mich sehr. Wahrheit und Fiktion verschmelzen zu einem mitreißenden Thriller. Auch psychologisch greift Leon Sachs tief in seine Repertoire-Kiste, sodass mir manchmal der Atem stockt. Die Entwicklung der Ereignisse ist größtenteils unvorhersehbar, was meine Lesefreude konstant hochhalten lässt.
Stück für Stück werden Verbindungen sichtbar und eine alte Fehde flammt wieder auf. Dabei werden neue Komponenten mit eingearbeitet, was die Explosivität der weiteren Entwicklung gnadenlos erhöht. Vieles führt in die Vergangenheit, zeigt dabei auf, was für schreckliche Dinge aus früheren Entscheidungen entstehen können.
Der Showdown bahnt sich unheilvoll an und entlädt sich in einer sehr überraschenden Wendung.
Das Ende bildet einen entspannteren Ausstieg aus der Geschichte, sorgt für Auf- und Erklärung. Ein bisschen schade finde ich es, dass eine Perspektive abhandengekommen zu sein scheint, dabei hätte ich mich gerade beim Schlussteil ehrlich darüber gefreut zu erfahren, wie die Person die finalen Entwicklungen, die zweifelsohne auch ihr Leben beeinflusst haben, empfindet. So bleibt mir in diesem Fall nur die eigene Fantasie dafür, um eine Antwort zu finden.
Jedoch muss ich ebenfalls sagen, dass das Ende recht realistisch ausgestaltet wurde und damit genauso schonungslos aufzeigt, dass manchmal nur die Spitze des Eisbergs erklommen werden kann.
Fazit:
Ein Thriller mit einem breit gefächerten und emotional aufgeladenen Themengebiet. Kopfarbeit und Action kommen nicht zu kurz, ebenso wenig wie das psychologisch perfide Spiel mit der Angst junger Menschen.