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Rezension zu
Die vergessene Heimat

Ein gelungenes Buch

Von: Katja E.
06.11.2020

Als ich vor ein paar Wochen durch Zufall gelesen habe, dass die Autorin Deana Zinßmeister, bekannt durch ihre historischen Romane aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die Geschichte ihrer Familie aufgeschrieben hatte war ich neugierig. Als ich dann anhand des Klappentextes las, worum es in dem Buch ging, musste ich es einfach haben. Ich habe es innerhalb eines Tages ausgelesen und habe dann an dem Abend noch eine E-Mail an die Autorin geschrieben. Da es schwerfällt, meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen, hier einfach mal einen Auszug aus der Mail: »Danke für so ein wunderbar berührendes Buch. Ein Buch das ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte und eine so heimtückische Krankheit auf eine Art und Weise verknüpft, wie ich das nie für möglich gehalten hätte. Ich habe beim Lesen mitgebangt und mitgelitten und als Ernst sich im Pflegeheim so verändert hat, bettlägerig wurde und dann für immer eingeschlafen ist, konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten. Hier kamen Erinnerungen an meinen Onkel hoch, der 15 Jahre von meiner Tante zu Hause gepflegt wurde und erst ins Pflegeheim kam, als sie es kräftemäßig nicht mehr stemmen konnte. Vielen herzlichen Dank für diese Geschichte und dafür, dass Sie so etwas Persönliches mit ihren Lesern teilen.« Was hat mich an dem Buch so begeistern können: das persönliche. Das Deana Zinßmeister den Mut hatte, das Schicksal ihrer Eltern der breiten Masse zugänglich zu machen. Das Buch teilt sich in zwei Handlungsstränge auf. Zum einen gehen wir in den August 1961 zurück und erleben mit, die die Grenzen der DDR dichtgemacht werden, wie vor den Augen von Leni und Ernst der Stacheldraht hochgezogen wird. Gemeinsam mit ihnen – und es ist ein gemeinsam denn ich war bei Lesen mittendrin – planen wir die Flucht nach Westberlin. Wir erleben das flaue Gefühl, wenn man glaubt und weiß, dass man bespitzelt wird. Wenn man nicht mehr weiß wem man trauen kann. Wir sind bei der Flucht hautnah mit dabei, erleben wie akribisch das ganze vorbereitet wird, spüren förmlich die Zweifel vor der Flucht, die Angst währenddessen und die Erleichterung, als es vorbei ist. Der Blick in das Auffanglanger Marienfelde – krass wie es da zugegangen sein muss. Der zweite Handlungsstrang hat mich in Teilen noch ein Stück mehr berührt als der Teil der Flucht. Denn hier sind wir hier im hier und jetzt und müssen miterleben, wie die Familie erneut auf den Kopf gestellt wird. Denn Ernst erkrankt an Demenz. Hier schildert die Autorin gefühlvoll und behutsam die Zeit der Entdeckung der Krankheit, die so heimtückisch ist. Ohne zu dramatisieren oder zu beschönigen beschreibt sie den Alltag mit einem Demenzkranken, das Gefühl des „ich muss mich schämen wie mein Vater sich verhält“ und des Verdrängens „Nein, mein Vater hat keine Demenz, das muss andere Ursachen haben“ und des Begreifens und Akzeptierens „wir brauchen Hilfe“. Der Schock über die Diagnose, die Strapazen der Pflege und das hintenanstellen der eigenen Bedürfnisse kommen in dem Teil wunderbar rüber, ohne das auf der Mitleidsschiene „geritten“. Auch der Bruch in der Familie, welcher auf Grund der Umstände einfach normal ist, wird herausgearbeitet. Ich kann nicht sagen, welche Teil des Romans mir besser gefallen hat – die Vergangenheit oder die Gegenwart. Ich kann nur sagen, ich bin ein Kind der DDR (geboren 1975) und habe das Thema Bückware, nicht alles bekommen und nicht reisen können, erlebt. Ich sage extra erlebt, denn wirklich bewusst wahrgenommen habe ich es nicht. 14 Jahre nach meiner Geburt war dann alles anders und das Thema DDR und der Grenzbau war dann bei uns nie ein Thema. Wohl aber das Thema „Überwachung“ denn auch wir wurden überwacht. Das Thema der Gegenwart hat mich, wie ich in meiner Mail an die Autorin ja geschrieben habe, sehr bewegt da es auch bei uns in der Familie einen Fall von Demenz gab und ich das „Abbauen“ und das Verändern des Wesens meines Onkels sehr bewusst wahrgenommen habe. Obwohl er, soweit ich weiß, eher der liebe und dankbare war und aggressive Phasen selten waren. Ich kann nur noch einmal DANKE für das sehr bewegende Buch sagen und eine klare Leseempfehlung aussprechen. Von mir bekommt das Buch auf jeden Fall 5 von 5 Sternen und ist eines meiner Highlight des Jahres.

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