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Rezension zu
Diebe des Lichts

Odyssee durch Europa

Von: Ele
30.10.2021

Diebe des Lichts, historischer Roman von Philipp Blom, 480 Seiten, erschienen im ‎ Karl Blessing Verlag. Der große historische Roman um Mord und Rache, um Liebe, Treue und Verrat, im zerrissenen Europa des 16. Jahrhunderts. Die Brüder Sander und Hugo müssen in Flandern erleben wie ihre Familie von spanischen Besatzern ermordet wurde. Sie fliehen, Sander beginnt eine Lehre als Blumenmaler, Hugo jedoch ist seit der Tat verstummt, er ist jähzornig und unberechenbar, er mischt für seinen Bruder die Farben an. Nach einer Untat müssen die beiden fliehen und kommen nach Rom. Dort findet Sander bei einem Meister eine Anstellung, doch auch hier müssen die beiden bald wieder fliehen und begeben sich mit Kardinal Guzman, dessen Vertrauter Sander wird, nach Neapel. Ruhe jedoch ist den beiden niemals vergönnt. Immer wieder geraten die beiden in Intrigen und Verschwörungen, gibt es für die Brüder irgendwann Frieden? Der Autor hat für seinen Roman die auktoriale Erzählweise gewählt, deshalb ist es möglich die Geschehnisse im Buch von allen Seiten zu betrachten. Das Werk teilt sich in drei Abschnitte die sich in 35 Kapitel aufteilen, die mit römischen Zahlen beziffert sind. Die Sprachgewalt des Buches hat mich total überwältigt, das Setting sowie die handelnden Charaktere sind dermaßen gut beschrieben, wie ich es selten in einem Buch angetroffen habe. Solche Sätze wie z.B. auf S. 213 haben mich völlig ergriffen: Nur eine Abzweigung, drei Schritte in die falsche Richtung und sie finden sich in den Gedärmen Neapels wieder, in kleinen lichtlosen, schnurgeraden Gassen, in denen die Wäsche zwischen den Häusern aufgespannt wird wie Banner von Elend und Armut. Der Boden unter den Füßen ist weich von Abfällen aller Art, die in der Hitze rotten…. Oder S.10 Der gefrorene Dreck, den die Pferdehufe rückwärts schleudern, formt Spritzer auf ihren Helmen und Brustpanzern, ihren gepluderten Kniehosen und den hohen Stiefeln. Immer wieder hat mich die Dramatik der monumentalen Sprache erfüllt. Schon im grausamen Prolog hat mich der Lesefluss erfasst und bis zum Ende des Buches nicht mehr losgelassen. Faszinierend auch die Beschreibung einer Marktszene, die man nur opulent nennen kann: Schwarzblaue Feigen, weich und im Innern rot wie die Sünde, gefährlich glänzende Auberginen, Körbe die mit Früchten überquellen, deren Farben eine ganze Palette füllen würden, dramatisch rot und grün getigerte Äpfel…, da entstehen Bilder in meinem Kopf. Auch die Charaktere sind tief angelegt und handeln nachvollziehbar, die Machtgier und Menschenverachtung von Klerikern hat mich des Öfteren schier verzweifeln lassen. Insgesamt hat es Blom geschafft, das 16. Jahrhundert in seiner intensivsten Form zu beschreiben. Ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen, die Seiten sind nur so dahingeflogen. Leider hat sich das Ende nicht so entwickelt wie ich es mir gewünscht hätte. Meine absolute Lieblingsperson Chiara, die besonnen und zupackend hilft wo immer es nötig ist. Figuren wie Kardinal Guzman haben mich dagegen regelrecht abgestoßen, kompromisslos und grausam, selbst von der Syphillis zerfressen, lässt er Macht und Einfluss spielen, um einfache Mitmenschen wie billige Spielfiguren zu behandeln. Das Buch hat mich gut unterhalten, mich berührt, war frivol, bizarr und spannend. Von mir eine Leseempfehlung und 4 Sterne.

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