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Rezension zu
Agnes geht

Wenn nichts geht, geht gehen

Von: meinding.blog
29.04.2023

Von außen betrachtet, haben wir es mit einer Bilderbuchfamilie zu tun. Tom ist ein sehr erfolgreicher Arzt, Agnes hat Biologie studiert, die Karriere aber auf Eis gelegt, um sich um die Kinder zu kümmern. Die sind inzwischen 14 und 16 und Agnes arbeitet Teilzeit in einem Jugendhilfeprojekt. Die Familie wohnt in einer tollen Hamburger Altbauwohnung und hat alles, was man sich wünschen kann. Aus heiterem Himmel kommt es zu einem heftigen Streit zwischen Tom und Agnes. Agnes ist so sauer und schockiert über die Vorwürfe ihres Mannes, dass sie die Nacht im Hotel verbringt. Auch am nächsten Morgen hat sie keine Lust nach Hause zu gehen und beginnt einen Spaziergang an der Elbe entlang. Das Gehen tut gut, der Kopf wird freier, sie kann nachdenken. Ob es wirklich ein Entschluss ist oder einfach passiert, kann ich gar nicht sagen, auf jeden will sie einfach weiterzugehen, dem Fluss folgen, bis nach Berlin. Auf ihrem Weg begegnet sie interessanten Menschen, vor allem aber sich selbst. Zum ersten Mal seit Jahren kann sie sich nur um sicher kümmern und sich fragen, ob ihr Leben wirklich so traumhaft ist, wie sie selbst dachte. Ob sie nicht vielleicht etwas verpasst hat und was sie künftig mit sich und ihrer Zeit anfangen will. Immerhin hat sie ja ziemlich viel geopfert, damit Tom Karriere machen konnte. Ohne Agnes muss Tom beruflich kürzertreten, denn Zuhause bricht schon bald das Chaos aus. Das bringt auch für ihn ganz neue Erkenntnisse. Denn eigentlich ärgert er sich darüber, dass er in den letzten Jahren soviel gearbeitet hat und so wenig Zeit für die Familie hatte. Er hat alle Hobbies aufgegeben und den Kontakt zu seinen engsten Freunden verloren. Auch für ihn ist Agnes‘ Wanderung die Gelegenheit zu reflektieren und sich selbst wiederzufinden. Sicherlich steckt ein bisschen Midlife-Crisis in diesem Buch, aber hier geht es nicht um einen Selbstfindungstrip mit viel Ommm und Klangschalentherapie. Hier merken zwei Menschen, die mitten im Leben stehen und seit vielen Jahren ein Paar sind, dass sie nicht glücklich sind und sich gegenseitig dafür verantwortlich machen. Mit Kindern und Job hatten beide jahrelang soviel zu tun, dass sie nicht gemerkt haben, dass sie gegenseitig aus den Augen verloren, aber auch nicht mehr auf die eigenen Bedürfnisse geachtet haben. Das Ganze wird mit viel guter Laune erzählt, ohne komplett in eine Komödie abzudriften. Es gibt einiges zum Schmunzeln, aber auch viele ernsthafte Seiten. Dabei ist es eine leicht und flüssig lesbare Geschichte, die Spaß macht, unterhält und gleichzeitig zum Nachdenken bringt. Dieses Buch ist ehrlich, bodenständig und sympathisch. Ich mochte die Figuren alle unfassbar gerne. Mein klarer Favorit ist Bas, aber da müsst ihr euch ein eigenes Bild machen. Die Naturbeschreibungen sind toll, ich hatte die Elbauen genau vor Augen und konnte die wundgescheuerten Oberschenkelinnenseiten fast mitfühlen. Wer also eine leichte, unterhaltsame Lektüre sucht, wird seine Freude an diesem Buch haben.

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