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Rezensionen zu
Lob des Schattens

Jun'ichiro Tanizaki

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Tanizaki Jun‘ichiros Essay, 1933 geschrieben, entstand aus dem Konflikt und der Annäherung westlicher Zivilisation zur feingliedrigen japanischen Ästhetik. Ohne sich damit tiefer auseinanderzusetzen, wissen wir um die beiden großen Gegensätze. Tanizaki Jun‘ichiro wiederfährte immer wieder diese Gegensätze in seinen Werken: und das zur Sicherung und Bewahrung dieser japanischen Kultur - zu recht und notwendig. Inhaltlich zusammengefasst kann ich sagen, dass die reine sichtbare Ästhetik erst durch den zweiten Blick im Schatten im Glanz erstrahlt und wirksam wird, beziehungsweise die sichtbare Ästhetik durch das Vorhandensein des Schattens in seiner unterschiedlichen Kraft an Bedeutung gewinnt. Wir begleiten Tanizaki Jun‘ichiro u.a. bei einem Hausbau, im Tempel von Kyōto, bei Fantasien eines Schriftstellers, zum Papier, im Restaurant Waranji-ya, in einer Tokonoma (Wandnische) in einem japanischen Wohnraum, zu den Frauen und die Klagen der Älteren. Was ein nachhallender Inhalt -für mich-. Ein erneutes Jahreshighlight von mir und klare Empfehlung. Tanizaki Jun‘ichiro, 1886-1965, gehört zweifelsfrei zu den großen japanischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Die Übersetzung ins Deutsche und der Schreibstil gefielen mir außerordentlich. Ein kleines Buch zum entfliehen und eröffnen neuer Sichtweisen.

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Lob des Schattens

Von: AZ

16.03.2020

Jun’ichirō Tanizakis Essay „Lob des Schattens“ ist ein wichtiges Dokument zum Verständnis japanischer Ästhetik und Kultur der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Hier denkt der japanische Schriftsteller und Essayist über den Einbruch der Moderne in die japanische Lebensweise nach. Im Jahre 1933 als Zeitschriftenartikel veröffentlicht, wird dieser Essay zu einem historischen Dokument, das uns wertvolle Informationen zur japanischen Architektur, Traditionen und Lebensräumen vermittelt. Eingeteilt in kleine, leicht lesbare Abschnitte, ist der Text nicht ohne Humor. Die ersten Abschnitte, zum Beispiel, handeln von der (negativen) Rolle des Lichtes, also Helligkeit, in Badezimmern, ein Ort, den bereits Meister Sōseki mit einem physiologischen Wohlgefühl (S. 12 & 15) in Verbindung brachte. Gestört werde dieses Gefühl des Behagens durch das unangebrachte Licht der modernen Badezimmern europäischen Stils. Wir erfahren, und dies ist das zentrale Anliegen des Essays, dass das (elektrische) Licht aufdringlich ist und in unkontrolliertem Einsatz die Harmonie und innere Ruhe des japanischen Lebensraumes stört. Tanizaki stellt Überlegungen zur Lichtqualität von japanischem und chinesischem Papier an, aber auch zu japanischer Lackarbeit. Über diese schreibt Tanizaki (S. 29): „Es ist in der tat berechtigt, «Dunkelheit», zu den notwendigen Bedingungen zu rechnen, wenn die Schönheit einer Lackarbeit beurteilt werden soll.“ Doch er bleibt nicht bei dieser Beobachtung und gelangt von einer Beschreibung der Schönheit der japanischen Lackarbeit zu einer Meditation über die japanische Kultur des Essens (S. 32): „Wenn ich die Suppenschale vor mir habe, wenn ich die Schale singen höre mit jenem ganz leisen, wie von einem fernen Insekt herstammenden Ton, der gleichsam ins Innerste des Ohrs einsickert, wenn ich meine Sinne auf den Vorgeschmack der Speise richte, die ich gleich kosten werde, dann fühle ich mich immer in einen Zustand der Selbst­ver­ges­sen­heit versetzt.“ Tanizaki schließt seinen Essay mit einem Programm für sein eigenes literarisches Schaffen (S. 80): „Ich jedenfalls möchte versuchen, unsere schon halb verlorene Welt der Schatten wenigstens im Bereich des literarischen Werkes wieder aufleben zu lassen.“ Dieser Essay ist aber auch das Testament einer tiefen Iden­ti­täts­kri­se, mit der sich jede Gesellschaft, nicht nur die japanische, zu Umbruchzeiten konfrontiert sehen muss. Die Kri­se wird ausgelöst durch den Fortschritt und die Industrialisierung, die aber nicht japanischen Ursprungs sind, und somit Eigenheiten der einheimischen Kultur nicht berücksichtigen können. Die Konfrontation mit einer fremden Kultur, die der Auslöser der Veränderungen ist, verschärft den Konflikt zwischen Tradition und Kultur auf der einen Seite und Fortschritt und Pragmatismus auf der anderen. Tanizakis Überlegungen zur Re­for­mie­rung der japanischen Schrift finden Parallelen in anderen Kulturen und Ländern, wie zum Beispiel in der Türkei und Ländern, wo die arabische Schrift im Einsatz ist. Der Text ist lesbar und zugänglich, Tanizakis Gedankengänge leicht nachvollziehbar. Man sollte diesen aufschlussreich Text nicht nur als eine Abhandlung über japanische Ästhetik lesen, sondern auch als ein Essay über Tradition, Pragmatismus und Einbruch der Moderne. Thematisch lassen sich sehr einfach Parallelen zu anderen Gesellschaften ziehen. Eine Zeittafel, Anmerkungen und eine biografische Notiz erleichtern den Zugang zum Essay. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Manesse Verlag und dem Bloggerportal der Verlagsgruppe Random House für das Leseexemplar.

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