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Rezensionen zu
Quick

Hannes Råstam

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*Eingangs sei erwähnt, dass das Folgende mit Sicherheit diverse Spoiler enthält, denn es handelt sich hier um ein Sachbuch, das sich naturgemäß nur schwerlich besprechen lässt, ohne auf die Inhalte einzugehen.* Wenn man berücksichtigt, dass ich einen Hang zu „True Crime“ jeder Art habe, ist es schon bemerkenswert, dass die Geschichte um Thomas Quick seinerzeit so ziemlich unbemerkt an mir vorbeigegangen ist, handelt es sich hierbei doch um einen Justizskandal ungeahnten Ausmaßes. Da trifft es sich gut, dass Råstams hierzulande bereits 2012 erschienenes Buch anlässlich des daraus entstandenen Films nun erneut veröffentlicht wird. Darin löst der Autor Stück für Sttück auf, wie es dazu kommen konnte, dass Quick für ingesamt acht Morde verurteilt werden konnte, von denen er letztlich nicht einen einzigen begangen hat. Sture Bergwall, der sich später in Thomas Quick umbenennt, wird 1950 geboren und gerät schon in seiner Jugend in ersten Kontakt zu Drogen. Aufgrund körperlicher Übergriffe gegen andere Jungen und seines Drogenkosums wird er immer wieder in psychiatrische Einrichtungen eingewiesen. Dort landet er auch, nachdem er für einen Banküberfall, der noch dilettantischer ausgeführt wurde als die späteren Ermittlungen, vor Gericht verurteilt wurde. Hier untergebracht, behauptet Bergwall dann, bereits im Jahr 1964 einen Mord begangen zu haben. Die Polizei wird eingeschaltet, die Ermittler verhören Bergwall wieder und wieder. In der Folge gesteht er weitere Morde, insgesamt 30, und wird für acht davon verurteilt. In keinem dieser Fälle bestehen tatsächliche kriminaltechnische Beweise in Form von DNA-Spuren, Fingerabdrücken, Zeugenaussagen oder was auch immer, aber faszinierenderweise kann Bergwall die Ermittler zielgenau zu einzelnen Tatorten führen und gibt in den Vernehmungen Wissen preis, das nur der Täter haben kann. Polizei, Staatsanswaltschaft und die schwedische Öffentlichkeit sind in der Folge zufrieden, ein offensichtlich schuldiger Mann wurde weggesperrt, die Bevölkerung somit vor ihm geschützt. Aber es gibt Menschen, die haben leise Zweifel, nicht zuletzt die Angehörigen einiger Mordopfer. Und auch Hannes Råstam hat diese Zweifel und beginnt, genauer hinzusehen. Er arbeitet sich zusammen mit einer Kollegin durch unzählige Vernehmungsprotokolle, stundenlanges Videomaterial der Polizei und 50.000 Seiten Gerichtsprotokolle, konfrontiert Bergwall schließlich selbst mit den Ergebnissen seiner Recherchen, woraufhin dieser letztlich einknickt, seine Geständnisse wiederruft und behauptet, nicht einen der ihm zur Last gelegten oder von ihm gestandenen Morde wirklich begangen zu haben. Und es ist wirklich – mir fällt kein passenderer Begriff dafür ein – ungeheuerlich, was der Autor während seiner Recherchen so zutage fördert: Zunächst mal ist die Verantwortung für den Fortgang der Ereignisse natürlich bei Bergwall selbst zu suchen, denn dieser hat sich ohne Not und aus reiner Geltungssucht in seine Situation manövriert. Nachdem er das Personal der Einrichtung gelegentlich nahezu andächtig und respektvoll über ehemals in der Einrichtung therapierte „schwere Fälle“ wie Gewaltverbrecher reden hört, er selbst aber den Eindruck hat, in den Therapiesitzungen nur langweiliges und unbedeutendes Zeug von sich geben zu können, beschließt er, einen Mord zu gestehen, der lang genug zurückliegt, damit er aufgrund der schwedischen Verjährungsfrist für Mord dafür nicht mehr belangt werden kann. In der Folge bekommt diese Situation dann einfach eine Eigendynamik, der er nicht mehr entkommen kann. Aber sowohl die Polizei, als auch Therapeutinnen und Mediziner hätten bei genauerer Betrachtung der Geständnisse genug Anlasse gehabt, an deren Realitätsgehalt zu zweifeln, und die Verpflichtung gehabt, hier einen Menschen vor sich selbst zu schützen. Stattdessen wird Bergwall von den Therapeuten mit Medikamenten gefüttert. Mit abhängig machenden Medikamenten. Und wenn er dann, allein um diesen Strom an Trips nicht versiegen zu lassen, in den Therapiesitzungen immer neue Morde gesteht, wird das vom medizinischen Personal gefeiert, wie die Erfindung des Penicillins, vermeint man doch, wieder einmal in neue versteckte Areale von Bergwall Geist und Erinnerungsvermögen vorgedrungen zu sein, die dieser bisher erfolgreich abgesperrt hatte. Ein Therapieerfolg also! Letztlich gerät Bergwalls Medikation derart außer Kontrolle, dass er praktisch selbst darüber entscheidet, wann er was bekommt und bei Vernehmungen eigentlich permanent „zugedröhnt“ ist, teilweise so sehr, dass er bei Tatortbegehungen gestützt werden muss. Aber auch die Polizei hat selbstredend ihren Anteil an diesem Justizskandal, zweifelsohne sogar den größten. Dass die Ermittlungen in den einzelnen Mordfällen nach den jeweiligen Geständnissen immer von den zwei selben Polizeibeamten geführt wurden, kann man bereits kritisch sehen. Aber auch wie sie geführt wurden, gibt Anlass zur Kritik. Bei genauerer Betrachtung der Vernehmungsprotkolle fällt nämlich auf, dass Bergwall mitnichten immer von Beginn an korrekte Angaben zu den Morden macht, sondern dass diese Angaben teilweise deutlich von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht. Bergwall hat schlicht ein Gespür dafür, was die Beamten hören wollen, wenn wieder und wieder ein bestimmter Aspekt der vermeintlichen Tat thematisiert wird und ändert seine Geschichte so oft, bis sie schließlich mit den Tatsachen weitgehend übereinstimmt. Gedeckt wird diese Vorgehensweise von den Medizinern, die quasi behaupten, dass Bergwall sich erst an seine Erinnerungen „herantasten“ muss. Sehr viel erschwerender wiegt im Bereich der Ermittlungen noch die Tatsache, dass den Gerichten entlastende Fakten und Zeugenaussagen quasi nicht vorgelegt wurden. Bergwalls ersten gestandenen Mord kann er beispielsweise schon deswegen nicht begangen haben, weil er am Tattag am gefühlt anderen Ende der Welt konfirmiert wurde. Auch als zwei vermeintliche Opfer, für deren Ermordung Bergwall die Verantwortung übernimmt, sich quicklebendig – pun intended! – bei der Polizei melden und sinngemäß sagen: „Hurra, wir leben noch!“ kommt man bei der Polizei nicht auf die Idee, das große Ganze mal zu hinterfragen. Komplettiert wird der Dilettantismus dann von Bergwalls Rechtsanwalt. Anstatt Indizien für die Unschuld seines Mandanten zu sammeln und vor Gericht zu präsentieren, fasst er seine Aufgabe so auf, dass er behauptet, sein Mandant wolle unbedingt verurteilt werden und es sei seine Aufgabe, dem nicht entgegenzustehen. Und so wundert es in Summe nicht, dass erst ein investigativer Journalist kommen muss, um die Verantwortlichen auf Ungereimtheiten und ihre fragwürdige Arbeit hinzuweisen. Meine Vermutung ist, dass sie alle geahnt haben, dass da irgendwas nicht stimmen kann, sich aber im Sonnenlicht der Quick-Ermittlungen ganz wohlgefühlt haben und deswegen nicht genauer hinsahen. Bergwall wurde schließlich im Jahr 2013 nach einem Wiederaufnahmenverfahren auch vom letzten Mordvorwurf entlastet, freigesprochen und ein Jahr später aus der Psychiatrie entlassen. Das Tragische an der Geschichte ist eigentlich nur, dass der Autor selbst dieses Ende der von ihm eigens angestoßenen Geschichte nicht mehr miterleben durfte. Aber er hat der Nachwelt ein äußert spannend geschriebenes Buch hinterlassen, dass ich zumindest allen, die im True-Crime-Bereich unterwegs sind, von Herzen empfehlen kann, sofern sie es ertragen, ob der Unfähigkeit der handelnden Personen permanent nahe am hysterischen Kickern zu balancieren.

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Heftig

Von: Leseengel

05.12.2020

Ich brauchte ein bisschen, um in dieses Buch rein zu kommen, aber als mir dies gelungen war, fand ich das Buch echt super spannend. Es ist eine wahre Begebenheit, und mehr ein Sachbuch, als ein Roman. Vielleicht hatte ich deswegen zunächst meine Probleme. Diese gingen aber schnell vorbei, ab da war das Buch einfach klasse. Es ist sehr bedrückend, wie so etwas sein kann. Gerade wenn man sich die Tatortbegehungen durchliest, das ist einfach krass. Und das hätte doch schon viel eher auffallen müssen, dass es so überhaupt nicht sein kann. Teilweise hatte ich beim Lesen eine Gänsehaut. Sture tat mir so leid, vor allem, wenn ich gelesen habe, wie vollgepumpt er mit Medikamenten war. Das fand ich super entsetzlich, zu lesen, wie er sich dann bewegt hat. Da sieht man eindeutig, wie gefährlich die falschen Fragen oder besser gesagt die Beeinflussung der Antworten bei einer Vernehmung sind. Das ist schon super schrecklich. Mich würde es daher nicht wundern, wenn noch viele andere unschuldig in der Justizvollzugsanstalt sitzen, da mit ihnen ähnlich vorgegangen ist. Mir fehlt da bei den Ermittlern auch jede Menschlichkeit. Sture wurde von ihnen sofort vorverurteilt, das merkt man beim Lesen sehr schnell. Und das darf einfach nicht sein. So ein Skandal ist eigentlich unvorstellbar - und doch hat es ihn gegeben. Gerade zum Ende hin, habe ich dieses Buch verschlungen. Ich konnte da einfach nicht mehr aufhören zu lesen, so entsetzt war ich von all dem.

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