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Rezensionen zu
Runas Schweigen

Vera Buck

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€ 10,99 [D] inkl. MwSt. | € 11,30 [A] | CHF 15,50* (* empf. VK-Preis)

Paris im Jahr 1884. Es die Zeit der Hysterie, die Zeit, in der Frauen für emotionale Schwankungen als krank erklärt werden. Es ist die Zeit der Nervenärzte, die Zeit der Experimente vor den Augen eines neugierigen Publikums. Die "hysterischen" Frauen sind die Zirkustiere und der Arzt ihr Dompteur. Doktor Charcot ist der Star der Salpêtrière, seine Vorlesungen sind jeden Dienstag überfüllt. Johann Richard "Jori" Hell ist Medizinstudent und einer seiner größten Fans. Auf der Suche nach einem geeigneten Thema für seine Doktorarbeit, besucht er jede von Charcots Vorlesungen, doch er kann nicht über ein Thema promovieren, dass bereits ausreichend untersucht wird. Er braucht etwas Neues. Als die kleine Runa in die Salpêtrière eingeliefert wird, hat er sein Thema gefunden. Keine der üblichen Behandlungen schlägt bei ihr an, doch Jori hat von einem anderen Arzt gehört, der erste Versuche mit Operationen am offenen Hirn unternommen hat. Ein Erfolg auf diesem Gebiet - den Wahnsinn einfach wegzuschneiden - wäre eine bahnbrechende Entwicklung. Jori wirkt noch recht grün hinter den Ohren, seine Mitstudenten nehmen ihn nicht ernst. Es werden Wetten gegen ihn abgeschlossen. Dr. Charcot ist immerhin so neugierig, dass er die Stelle als Joris Doktorvater übernimmt, sollte die Operation glücken. Und Dr. Luys, den kaum noch etwas interessiert, giert nach der Möglichkeit, der erste auf einem Gebiet zu sein - denn dieser Titel fehlt ihm noch. Er sucht etwas, mit dem er in die Geschichte eingehen kann. Zunächst sieht Jori Runa nur als Forschungsobjekt. Sie redet nicht, wirkt apathisch. Stundenland liegt sie still da, ans Bett gefesselt, verweigert die Nahrungsaufnahme. Und trotzdem fürchten sich die Menschen vor ihr. Wegen ihrer Augen mit den unterschiedlich großen Pupillen. Und wegen dem, was sie tut, wenn man ihr einen Stift in die Hand gibt. Wegen dem, was sie schreibt. Je länger Jori sich mit Runa befasst, desto mehr möchte er, dass die Operation ihretwillen gelingt. Er möchte ihr helfen. Doch mit diesem Wunsch scheint er der einzige zu sein. Wem kann er überhaupt noch trauen? Runa ist ein sehr komplexe Roman. Er ist historisch und in mancher Hinsicht authentisch. Viele Figuren hat es tatsächlich gegeben, viele der Experimente an hysterischen Frauen haben so oder so ähnlich stattgefunden. Herr Lindt und seine Schokolade finden am Rande eine Erwähnung. Am Ende des Buches gibt es eine dreiseitige Literaturliste für alle Leser, die mehr über das Thema erfahren möchte. Über die Charcot, über Gilles de la Tourette, über die Metallotherapie und über die Verfahren, mit denen hysterische Frauen "geheilt" werden sollten. Runa ist aus ähnlichen Gründen ein medizinischer Roman mit vielen fachlichen Informationen und einigen Fachbegriffen. Er ist ein Thriller, der am Anfang sogar leichte Horrorelemente aufweist. Wer ist dieses Mädchen, woher kommen die Inschriften, wer hat das Gesangsbuch vollgeschmiert, wer hat diese Buchstaben auf der Leiche hinterlassen? Es ist ein Krimi, der die Suche nach mehreren Verbrechern und Mördern schildert. Und irgendwie ist es auch ein Bildungsroman, der die Geschichte eines jungen Medizinstudenten erzählt, der erkennen muss, dass er sich von seinen Idolen hat blenden lassen und das die Welt viel komplizierter ist, als er dachte. Ganz am Rande ist es sogar eine Liebesgeschichte. Die Geschichte von Jori und Pauline, die sich seit Kindertagen kennen. Doch Pauline ist krank, sie gilt als hysterisch, sie muss behandelt werden. Wenn Jori nur schnell genug Fortschritte mit Runa macht, kann er die schreckliche OP, die Pauline bevorsteht, vielleicht verhindern. Vielleicht kann es das Ende für sie geben, dass er sich immer gewünscht hat. Runa ist unfassbar vielschichtig und mindestens ebenso spannend. Die unterschiedlichen Figuren mit all ihren Faccetten, die vielen Geheimnisse und Lügen, die Verstrickungen untereinander, dazu das Gefühl "das könnte damals tatsächlich so passiert sein". Es ist ein Buch mit Gänsehautfaktor. Mein Lesehighlight im September!

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Runa ist ein besonderes Mädchen. Es hat verschiedene Augenfarben, zumindest scheint es so, und ist für ihre 9 Jahre so gar nicht kindlich. Im Gegenteil, sie wirkt eher apathisch. Doch Jori, ein Medizinstudent in Paris, möchte mehr über Runa erfahren, und sie hoffentlich am Ende von ihrer Krankheit heilen. Runa ist ein Roman der besonderen Art. Das Cover hat mich von Anfang an beeindruckt, der groß geschriebene Name, die Wasserperlen da drauf, die wahrscheinlich doch eher Quecksilber darstellen sollen, und ansonsten nicht viel über den Inhalt preis gibt. Das Buch ist in sechs Teile unterteilt, die alle mit einem Titel und einem zeitgenössischen Zitat versehen sind. Die Teile an sich sind durch größere Absätze, die durch Personenwechsel gekennzeichnet sind, unterteilt. Hauptsächlich erzählt Maxime, ein 16jähriger Junge, seine Geschichte aus der Ich-Perspektive. Hinzu kommen der Verbrecher Lecoq und der Student Jori, deren Geschichten vom allwissenden Erzähler berichtet wird. Dadurch wird der Schein erweckt, dass es nur einen Erzähler gibt, was mir sehr gefallen hat. Am Anfang war noch alles sehr verwirrend, weil die Personen in die Geschichte eingeführt wurden, und keine genau Zeit- und Ortsangabe gegeben wurde. Doch mit der Zeit wurde mir klar, wo wir uns befinden, und in welcher Zeit, und war gefesselten von dem medizinischen Fortschritt zu dieser Zeit. Was das alles allerdings mit Runa zu tun hatte, wurde erst ganz langsam klar. Und das war eigentlich das spannende für mich. Dieses Buch hat 600 Seiten, und je mehr man liest, desto weniger wurde einem bewusst, dass das Buch eigentlich schon ziemlich dick ist. Es war keine Spannung, die einen umbringt, wenn man aufhört, aber fesselnd war es alle mal. Runa ist auf vielen Ebenen faszinierend: als Mensch, als wildes Tier, als Buch, als Geschichte, als Mysterium.

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Meine Meinung: Das Buch konnte mich von Anfang an fesseln. Es ist von Anfang bis zum Ende einfach spannend und immer schlüssig. Die Autorin hat das Buch aus verschiedenen Sichtweisen der jeweiligen Charakter geschrieben und dies dann auch in einzelne "unter Kapitel" aufgeteilt. Ich mag das bei Büchern immer sehr gerne, weil man dann schon automatisch verschiedene Sichten auf Dinge bekommt. Die Autorin hat die Verschiedenen Sichten einfach super rübergebracht. Die Charaktere hatten alle Tiefe und waren wunderbar geschrieben, so dass ich mich in jeden Einzelnen reinversetzten konnte. Dabei war auch kein Charakter übertrieben oder ähnliches. Desweiteren wird natürlich auch durch die Geschichte an sich sehr viel Spannung aufgebaut, immerhin befinden wir uns hauptsachlich in einer Klinik für Geisteskranke. Da läuft einen das ein oder andere mal schon ein Schauer über den Rücken. Auch die Kulisse wurde sehr gut beschrieben. Man konnte sich das ganze sehr gut vorstellen und eintauchen in die Welt. Ich bin eigentlich kein Fan von detaillierten Beschreibungen, denn diese kommen mir dann manchmal etwas langatmig vor, so dass ich abschweife, aber hier war es einfach genau richtig. Zudem waren die geschichtlichen Hintergründe und "bekannten" Personen sehr gut recherchiert, so dass das Buch auch zu 100% glaubwürdig rüber kam. Mein Fazit: Ein echt toller historischer Roman, der einen Gänsehaut bereitet.

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Meine Meinung Das Buch war eine Empfehlung einer guten Freundin – sie ist ebenfalls Bloggerin und fand das Buch fantastisch. Nun, die Entscheidung fiel mir dann ebenso leicht und bekam daraufhin eine Rezensionsexemplar von Limes. Das Cover Das Cover war exzellent! Blau-grau schattiert und mit weiß-milchigem Hintergrund. Runa war der Name des Mädchens, welches zwei verschiedene Pupillengrößen hat und komische Zeichen an die Wand malte. Und – und diese Erkenntnis kam mir erst später – die vermeintlichen Tropfen sollen Quecksilbertropfen darstellen. Den Hintergrund dazu erfahrt Ihr im Buch. Der Inhalt Der Beginn war es gleich sehr spannend zu lesen und mitzuverfolgen. Da kamen gleich diese Zeichen vor – diese Zeichen, die Menschen in ganz Paris finden. Am Anfang war das Buch, bzw. die Schrift sehr anspruchsvoll zu lesen. Meine Augen taten weh; ich gewöhnte mich erst nach dem ersten Viertel des Buches daran. Eigentlich kann ich nicht viel zu diesem Buch schreiben, weil ich so darin gebannt war, dass ich vergessen habe, mir Notizen für die Rezension zu schreiben. Ich möchte nur noch sagen: •medizinische Fakten und die Fakten der Klinik waren bis ins kleinste Detail hervorragend recherchiert und auch wirklich interessant zu lesen. •Ein bisschen langweilig kamen mir die Kapitel mit dieser Pauline vor. Die habe ich – tut mir leid – etwaige Male überflogen. •Dann – im letzteren Teil des Buches – kamen die Versuche im Keller vor. Wahnsinn – muss ich schon sagen! Sehr, sehr geil und fürchterlich obszön geschrieben. Hierzu habe ich ein Zitat aus dem Buch: “ Nichts, was im Keller geschah, durfte auf irgendeine Weise nach draußen gelangen [Seite 474] Und dieser Satz war ausschlaggebend für das Verständnis des Vorgehens bei Runa. Ab Seite 465 klärte sich alles auf, und man verstand den Sinn des Buches und der von Runa. Auch das Ende war geil! Doch eine Frage stellt sich uns allen in den Weg: WO IST RUNA? Ich wünsche mir eine Fortsetzung! Fazit Das Buch war auf jeden Fall eines meiner Highlights! Optisch genial – und inhaltlich faszinierend und nervenaufreibend. Man kann es in Worten nicht wirklich beschreiben. Man muss es einfach lesen. Und ich empfehle es sehr – Jedem sozusagen. Da hat Mademoiselle Buck eine nobelpreisverdächtige Arbeit geleistet ;) Ich habe das Buch geliebt!

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Runa war eines der Bücher, auf die ich mich dieses Jahr besonders gefreut habe. Der Klappentext klang sehr mysteriös und vielversprechend! Die Story: Die Salpêtrière-Klinik im Paris der 1880er-Jahr: Der angesehene Nervenarzt Dr. Charcot gibt hier Vorführungen seiner Behandlungsmethoden, die vor allem junge Ärzte aus ganz Europa nach Frankreich locken. Diese Vorführungen sind eine Mischung aus medizinischen Vorlesungen und einer Art Zirkus, da die Patienten regelrecht zur Schau gestellt werden. Doch das kleine Mädchen Runa scheint auf keine seiner Behandlungsmethoden zu reagieren. Der schweizer Medizinstudent Jori Hell wittert in Runa seine Chance: Er will als erster Mediziner eine Operation am offenen Gehirn durchführen und darüber seine Dissertation verfassen. Wird Runa diesen Eingriff überleben? Und was bedeuten die merkwürdigen Nachrichten, die in der ganzen Stadt verteilt sind? Meine Meinung: Runa hat mich von der ersten Seite an gefesselt. Aufgeteilt in verschiedene Handlungsstränge verfolgt man die Ereignisse aus den Perspektiven der Hauptprotagonisten. Das Szenario des Romans ist sehr gut gewählt, da die Salpêtrière einen schaurigen Eindruck hinterlassen hat. Insgesamt kamen die Gruselelemente für meinen Geschmack aber etwas zu kurz. Aufgrund des Klappentextes hätte ich mir hiervon etwas mehr erwünscht. Stattdessen konzentriert sich das Buch sehr stark auf das Thema "Medizin" - es wimmelt nur so vor Fachbegriffen und detaillierten Beschreibungen der ärztlichen Eingriffe. Das ist aus heutiger Sicht erschreckend - vor allem weil die die Charaktere auf historischen Vorbildern beruht und die Behandlungsmethoden den damaligen Tatsachen entsprechen. Ich ziehe einen Stern ab, weil sich die Autorin teilweise zu sehr in den Details verloren hat und ich mir etwas mehr Spannung erhofft hatte. Fazit: Lesenswerter Arztroman in toller, historischer Kulisse und mit einem Hauch Grusel. Ich vergebe 4 Sterne.

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Interessante Idee

Von: Nico

29.08.2015

Runa ist das Romandebüt von Vera Buck, auf das ich sehr gespannt war, denn der Rückentext klang ziemlich vielversprechend und mysteriös. Vera Bucks Schreibstil ist bildhaft und detailreich, was ich auf den ersten 50-100 Seiten auch mochte, doch mit der Zeit wurde es einfach ein wenig zu viel. Man merkt schnell, dass sie detailverliebt ist und hin und wieder ein wenig abschweift, was dann die Geschichte an manchen Stellen ziemliche zieht, meiner Meinung nach. Ich versuchte mit nicht allzu hohen Erwartungen an das Buch heranzugehen, und nach den ersten 120 Seiten sprang der Funken bei mir leider nicht über. Für einen Laien, der sich nicht besonders mit der Medizin auskennt, häufen sich die Fachwörter und lateinischen Begriffe, und in Verbindung der detailreichen Beschreibungen von Charakteren und Umgebungen, machte es das Lesen nicht gerade einfach, und das Buch ist auch gerade das: nicht einfach. Auch wenn sich die Autorin für eine einfache Sprache entschlossen hatte, so wird doch die Handlung aus verschiedenen Sichten erzählt, woran man sich erst einmal gewöhnen musste, denn der Wechseln geschah nicht von Teil zu Teil, sondern nach fast jedem Sinnabschnitt. Doch hatte ich zeitweilen auch das Gefühl, nach Beenden der kleinen Kapitel nicht genau zu wissen, worum es denn gerade ging, und worauf die Autorin denn hinaus möchte. Es dauert auch eine Weile - wenn man so will den ganzen ersten Teil der Geschichte, bis endlich ein wenig Spannung aufkommt. Wir lernen die Charaktere kennen - und keiner kommt hier zu kurz, und tauchen in Gesprächen in die Vergangenheit und Gedanken, der Personen ein. Die Charaktere in diesem Buch sind gut gezeichnet und ausgearbeitet, aber so wirklich konnte ich zu keiner der verschiedenen Charaktere eine Sympathie aufbauen. Für meinen Geschmack hat an den Charakter das gewisse Etwas gefehlt, dass bei mir eine emotionale Verbindung zu ihnen aufbaut. Auch im weiteren Verlauf des Buches, der sich meiner Meinung nach ziemlich in die Länge zieht, fehlt es an Spannung, die die Geschichte vorantreibt, doch stattdessen, verliert sich die Autorin weiterhin in detaillierten Be- und Umschreibungen und in die Länge gezogenen Dialogen. Dabei finde ich die Idee des Buches sehr interessant, und sie schaffte es auch die bedrückende Stimmung der Salpêtrière-Klinik, und allgemein die Atmosphäre dieser Zeit zu veranschaulichen, was mich zeitweilen auch in ihren Bann reißen konnte, aber so ganz konnte ich mich mit der Umsetzung der Idee nicht warm werden. Doch das Buch hat auch seine positiven Seiten, die mich aber nur kurz bei Laune halten konnten: Ich fand es ziemlich krass, wie das Leben in einer solchen Klinik von Statten ging, beziehungsweise, wie mit den Patienten umgegangen wurde. Sie wurden vom Doktor Charcot wie Tiere im Zirkus vorgeführt und mit Hilfe von Hypnose gefügig gemacht. Auch die Behandlungsmethoden, von denen manche damals wirklich angewandt wurden, fand ich schockierend. Man erfährt einiges über den Alltag in der Klinik, die Patienten sind gebrochene Personen, die schon bei der bloßen Anwesenheit von Ärzten anfangen zu schreien usw. ... Auch wenn ich versuchte, mit nicht allzu hohen Erwartungen an das Buch heranzugehen, was Anfangs auch gut geklappt hat, konnte mich Runa von Vera Buck doch leider nicht komplett überzeugen. Auch wenn ich detailreiche Beschreibungen liebe, wie sie auch bei Stephen King und J.K. Rowling vorkommen, war es hier in diesem Buch leider zu viel des Guten und die Geschichte hätte meiner Meinung nach gute 200 Seiten weniger vertragen können, denn die vielen Be- und Umschreibungen von Charakteren, Handlungen und Orten und der ständige Wechsel von Blickwinkeln, warfen mich bei diesem Buch aus der Handlung, was dann das Folgen der eigentlichen Geschichte nicht vereinfachte.

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Paris im Jahr 1884 ist das Zentrum der „modernen“ Neurologie. In der Salpêtrière-Klinik führt Dr. Charcot Experimente mit hysterischen Patientinnen durch und unterrichtet Studenten aus der ganzen Welt. Besonders Charcots Hypnosevorlesungen sind wahre Publikumsmagneten, seine Patientinnen werden dort nicht nur wissenschaftlich besprochen sondern nahezu voyeuristisch vorgeführt. Wie ein Magier scheint er jede Patientin gefügig zu machen, bis ihm Runa vorgestellt wird. Das Mädchen reagiert nicht auf seine Behandlungsmethoden, scheint apathisch und weggetreten. Der Student Jori Hell sieht in Runa eine Herausforderung und die Möglichkeit seinen wissenschaftlichen Drang zu beweisen, er möchte Runa behandeln und ihren Wahnsinn heilen. „Runa“ hat mich wirklich überrascht! Die Geschichte klang mysteriös und düster, spannend und ein wenig nach wohligem Horror. Tatsächlich steckt in diesem Buch noch eine ganze Menge mehr. Im Buch verbindet die Autorin authentische Charaktere und Hintergründe zu einer toll ausgewogenen fiktiven Geschichte. Nahezu alle handelnden Charaktere basieren auf korrekten historischen Vorbildern und werden spannend zum Leben erweckt. Die historischen wissenschaftlichen Beschreibungen wirken realistisch und sind wunderbar atmosphärisch be- und umschrieben. In wechselnden Erzählsträngen begleiten wir den Studenten Jori, den kriminalistischen Kriminellen Lecoq und einen namenlosen Chorknaben. Die drei Geschichten verbinden sich im Verlauf der Handlung geschickt, bringen Spannung, Konflikte und viele interessante Facetten von Wissenschaft bis Scharlatanerie. Das ergibt einen derart tollen Cocktail, dass ich „Runa“ kaum noch aus der Hand legen konnte. Zwar werden an einigen Stellen “schaurige Klischees” aufgegriffen (ein gruseliges Mädchen, seltsame Zeichen und düstere Experimente) dabei wird es aber nie zu klischeehaft und die Szenerie wird nicht zum bloßen Grusel verschwendet. Außerdem hat mich die geschickte Verbindung dieser Klischees mit dem historischen und wissenschaftlichen Hintergrund, tollen Nebenhandlungen (über Liebe bis zu den Intrigen an der großen Universität) das vergessen lassen. „Runa“ ist eine Geschichte die mich völlig gefangen genommen hat. Eine spannente historische Kulisse wird in diesem Buch perfekt mit einer noch spannenderen fiktiven Geschichte verbunden. Ich hab es genossen und leider viel zu schnell beendet.

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Klasse Debüt!

Von: Devona

27.08.2015

Das Debüt von Vera Buck überzeugt mich auf der ganzen Linie. Ich möchte allerdings vorausschicken, dass dies bei Lesern, die sich nicht für medizinische Themen interessieren, nicht unbedingt der Fall sein muss, ein Großteil der Handlung ist damit befasst und es wird auch das entsprechende Vokabular benutzt. Wobei man nun auch nicht grade das komplette medizinische Latein parat haben muss, ein gewisses Grundinteresse ist ausreichend Ich hatte einen spannenden und unterhaltsamen Roman erwartet, der Klappentext sprach mich an. Nach den ersten Seiten wurde mir klar, dass in „Runa“ noch sehr viel mehr steckt und ich habe zunächst das Nachwort gelesen, in dem Vera Buck erklärt, eine fiktive Geschichte um die durchaus realen Ge- und Begebenheiten der Zeit um 1880 in Paris allgemein und im speziellen das Hôpital de la Salpêtrière und seinen damaligen Leiter Jean-Martin Charcot gestrickt zu haben. Das Arsenal an Literatur, welches sie für die Recherche benutzt hat, ist gigantisch, hat mich schwer beeindruckt und ist dem Roman anzumerken. Hier ist nichts, was es an Fakten zu recherchieren gab, dem Zufall überlassen worden und allein dafür würde ich dem Roman 5 Sterne geben. Ich habe in letzter Zeit einiges gelesen oder gehört, bei dem ich mich gefragt habe, ob da ÜBERHAUPT IRGENDWAS recherchiert wurde. Insofern war dieser Roman jetzt eine kleine Offenbarung für mich. Da ich zum Thema völlig ahnungslos war und Wikipedia auch meist nur die Erfolgsfakten von Wissenschaftlern und Ärzten verbucht, war ich beim Lesen schnell an einem Punkt, an dem ich wissen wollte, was genau nun Realität und was Fiktion ist. Mir war nicht klar, dass Dr. Charcot seine Patienten in der Tat wie in einem Zirkus vorgeführt hat (es gab sogar eine Art Arena dafür). Ebenso wenig wusste ich, dass zur damaligen Zeit die Diagnose „Hysterie“ ein Sammelbegriff für alle Symptome psychischer Krankheiten (in diesem Fall weiblicher) war, welche primär den weiblichen Geschlechtsorganen zugeschrieben wurden und die entsprechend „behandelt“ wurden. Sei es mit einer (medizinisch völlig nutzlosen) „Ovarienpresse“, die ebenfalls von Charcot erfunden wurde und mit deren Hilfe bei seinen Vorführungen Frauen gequält und „hysterische Anfälle“ provoziert wurden, oder sei es durch (die uns heute nur noch aus der dritten Welt geläufige) Beschneidung der äußeren Geschlechtsorgane von Frauen (damals z.B bei Selbstbefriedigung). Das ist schon harter Tobak. Charcot hat wohl zweifellos einige Verdienste als Wegbereiter der modernen Psychologie, welche einige Jahre später von Freud begründet wurde, die damalige Realität liest sich aber insgesamt aus heutiger Sicht recht menschenverachtend. Besonders nachdenklich stimmt die Tatsache, dass unter der Hysterie- Diagnose häufig auch nonkonformes gesellschaftliches Verhalten von Frauen verbucht wurde, die dann in den Tiefen der psychiatrischen Hospitäler unter wirklichen kranken Menschen ein vergessenes Dasein fristeten und letztendlich selber psychisch krank wurden. Der Roman wird auf 3 verschiedenen Ebenen erzählt, die gegen Ende geschickt miteinander verknüpft werden. Zum einen gibt es den Ich-Erzähler Maxime Chevrier, der -wie man am Ende weiß- letztendlich derjenige ist, der die gesamte Geschichte niedergeschrieben hat. Er taucht nach der Widmung des Buches (ungewöhnlich, aber passend!) und dem Prolog erst nach ungefähr einem Drittel der Geschichte wieder auf und man kann zunächst überhaupt nicht einordnen, was er da soll bzw. was er überhaupt mit der Geschichte zu tun hat. Der restliche Teil des Romans ist in auktorialer Erzählform wechselnd aus Joris oder Monsieur Lecoqs Perspektive geschrieben. Joris Teil der Geschichte findet überwiegend in der Salpêtrière statt und ist mit dem medizinischen Teil befasst: er möchte das seltsame Mädchen Runa, welches Charcots „Dressurversuchen“ vehement widersteht, nicht nur wegen des Dr.-Titels als solchem am Gehirn operieren. Er braucht ein „Referenzobjekt“ und die damit in Zusammenhang stehende Reputation. Er verspricht sich damit die Möglichkeit, der Frau die er liebt -Pauline, die Schwester seines besten Freundes Paul, der ebenfalls Arzt ist- helfen zu können. Denn auch Pauline ist mit der Diagnose Hysterie belegt, dem Leser dämmert hier zum ersten Mal, was es damit auf sich hat. Wird doch Pauline in vielen Rückblenden in Joris Erinnerungen als selbstbewusste, temperamentvolle, wissbegierige und unangepasst-lebenslustige junge Frau beschrieben, zu der die sie später lähmenden Depressionen so überhaupt nicht zu passen scheinen. Jori möchte den Pauline im Schweizer Burghölzli drohenden Beschneidungseingriff, der von Paul und auch ihren Eltern befürwortet wird, ersparen und stattdessen einen Eingriff am Gehirn vornehmen. Doch dazu muss er Runa oprieren, gab es doch bis dato noch keinen chirurgischen Eingriff am Gehirn, der psychische Krankheiten geheilt hätte. Vera Buck gelingt es meisterhaft, die Zerissenheit und gleichzeitige Gefangenheit im Denken seiner Zeit an Jori zu demonstrieren. Auch Runa tu ihm leid, auch Runa möchte er helfen, er empfindet Charcots Umgang mit ihr als menschenverachtend. Doch auch dazu sind „Voroperationen“ an lebenden „Lernobjekten“ nötig, deren 5 an der Zahl Charcot zur Verfügung stellt und deren Ableben einkalkuliert ist. Es sind weitestgehend „vergessene“ Irre, die vor vielen Jahren hinter den dicken Mauern der Salpêtrière verschwanden und keine Angehörigen mehr haben, die berechtigte Fragen stellen könnten. Nun werden sie als im Dienste der Wissenschaft in den Status von Versuchskaninchen erhoben und genau das ist auch Jori bewusst, auch das ist aus heutiger Sicht menschenverachtend. Er möchte nicht, dass sie bei diesen Versuchen sterben, aber er kalkuliert es ein, um die an ihnen gemachten Erfahrungen bei Runa dann zu vermeiden. Vera Bucks Ausgabe von Monsieur Lecoq -literarisch erfunden eigentlich von Émile Gaboriau gilt er als Vorgänger von Sherlock Holmes- ist ein freakiger Detektiv und Ex-Polizist, der sich bei seiner Arbeit von den Grundsätzen der Lehren von Lombroso leiten läßt, weshalb er sich selber auch als Verbrecher bezeichnet: er ist der Überzeugung seine Physignomie sei die eines Verbrechers. Trotz oder gerade wegen seiner teilweise wirren und schrägen Ansichten ist er ein brillanter Ermittler. Durch den Auftrag eines Klienten stößt er auf Runas Spuren in Paris, an vielen Stellen werden mysteriöse Schriftzeichen gefunden, denen er akribisch nachgeht. Während sich beide Teile der Geschichte und letztendlich eingeflochten auch die des Ich-Erzählers langsam aufeinander zubewegen, läßt Vera Buck eben diesen auch den Stein des Anstoßes für den ab da sehr temporeichen Showdown und die Verknüpfung aller Teile der Geschichte machen. Der apruppte Tempowechsel und die sich überschlagenden Ereignisse am Ende haben mich temporär etwas verwirrt, das wäre aber auch mein einziger, winziger Kritikpunkt. Es gibt keine krampfhafte Auflösung, die mich oftmals in Büchern, bei denen am Ende viele lose Handlungsstränge in Ermangelung schlüssiger Ideen wirr miteinander verknüpft werden, verzweifeln läßt. Alles paßt oder ist vorstellbar. Vera Buck hat mit „Runa“ nicht nur ein tolles Buch geschrieben, sondern mich auch auf ein interessantes Thema geschubst, zu dem es unendlich viel zu entdecken und zu lernen gibt, ich habe schon einige Stunden mit weiterführender Fachliteratur verbracht. Natürlich verlangt man so etwas von einem Romanschreiber nicht, aber es ist ein angenehmer und willkommener Nebeneffekt, für den ich mich bedanke.

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