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Rezensionen zu
Die Stunde des Schmetterlings

Pieter Webeling

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€ 15,99 [D] inkl. MwSt. | € 15,99 [A] | CHF 23,00* (* empf. VK-Preis)

Deutschland/Frankreich 1915. Julius steht mitten in den Trümmern einer Kirche und setzt sich die Pistole an. Überraschend bringt ihn der hiesige Pfarrer von seinem Vorhaben ab und fordert ihn auf, ihm seine Geschichte zu erzählen - eine Geschichte, die von Freundschaft, dem Krieg und Vergebung handeln wird. So findet sich Julius, anstatt als Leiche in der Kirche, in der guten Stube des Pfarrers wieder - der fast als Einziger seiner Gemeinde die Stellung während der Kriegswirren hält. Julius fasst sich ein Herz und beichtet ihm, dass ihn nicht nur der Krieg in die Trümmer der Kirche trieb. Pieter Webeling hat einen wunderschönen, sehr literarischen Roman, über Freundschaft und den 1. Weltkrieg geschrieben. Gerade diese Zeitspanne trifft man meiner Meinung nach viel zu selten an, daher musste ich einfach zu diesem Buch greifen. Es geht aber auch um den Sinn des Lebens, den man wahrscheinlich in Kriegszeiten besonders rasch aus den Augen verliert. Im Vordergrund steht das Kriegsgeschehen und was es aus den jungen Männern macht. Sie ziehen voller Pathos und Freude an die Front, können es kaum erwarten, den Franzosen das Fürchten zu lehren und wollen beweisen, dass sie richtige Männer sind. Diesem Getaumel aus ansteckendem Jubel und unausweichlicher Abenteuerlust, können sich Julius und seine Freunde nicht entziehen. Julius, Erich, Claus und Theo ahnen allerdings nicht, dass es nicht das Abenteuer sondern das Ende ihres bisherigen Lebens ist. Denn auch falls man überleben wird, aus dem Krieg kommt niemand unverändert zurück. Zuerst führt der Autor die Figuren ein. Er lässt sich relativ lange Zeit, Erich, Claus und Theo vorzustellen. Dabei nimmt er Julius’ Perspektive ein. Schnell merkt man, dass Claus der Schlawiner unter den Freunden ist, Theo ein genaues Ziel vor Augen und seiner Kamera hat, Julius ein Poet werden will und Erich der Ruhige des Vierergespanns ist. Die Freundschaft dieser vier jungen Männer nimmt großen Raum in der Handlung ein. Sie zeigt, wie sie sich gegenseitig unterstützen, Mut zusprechen und in ihrer jugendlichen Ausgelassenheit aus manchen Schalk bitteren Ernst werden lässt. Angelehnt an Remarque verbildlicht Webeling das Geschehen im Schützengraben. Er greift dabei auf historische Begebenheiten zurück, gibt ihnen Namen und ein Gesicht, und man bekommt vor Augen geführt, dass es ganz normale junge Männer waren, die dort ihre Jugend gelassen haben. Die Schützengräben sind dreckig, das Brot ist verschimmelt, die Namen der Kameraden merkt man sich nicht, weil es sich ohnehin kaum auszuzahlen scheint. Mittendrin sind diese vier Freunde - voneinander getrennt - und jeder hat mit sich selbst und dem Krieg zutun. Webeling geht neben dem Grauen aber den schönen Seiten des Lebens auf den Grund. Er arbeitet durch die Figur des Pfarrers und mithilfe von Poesie den Sinn des Lebens in seinen Roman ein. Denn der Priester schafft es, die Blicke von Julius und des Lesers auf die Herrlichkeit der Welt zu lenken, auch wenn rundherum alles in Schutt und Asche liegt. Mich hat das Schicksal von Julius und seiner ganzen Generation sehr berührt und ich danke Pieter Webeling dafür, dass er sich des 1. Weltkriegs und all der namenlosen Soldaten der Vergangenheit angenommen hat. Meinem Geschmack nach war etwas zu viel Poesie vorhanden. An Rilkes „Der Panther“ kommt man bei diesem Thema nicht vorbei, bei Rimbaud habe ich Tränen gelacht, doch dann hätte er es meinem Empfinden nach gut sein lassen können. Dennoch ist „Die Stunde des Schmetterlings“ ein ergreifender, poetischer und lebensbejahender Roman, der neben den Schrecken des Krieges Platz für die wirklich guten Augenblicke lässt und damit ein literarisches Perlchen ist.

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Interessantes Buch

Von: Bücherwurm aus Gelnhausen

03.12.2016

Ein Buch, welches zum Nachdenken anregt! Sehr gut zum Erörtern und Interpretieren! Es gibt viele Informationen zum Krieg. Anfangs sehr viele Namen und die Zusammenfassung auf dem Buchrücken lässt nicht unbedingt auf den umfangreichen Inhalt des Buches schließen. Trotzdem zu empfehlen!

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Man sollte natürlich gerne Bücher lesen, die zur Zeit des ersten Weltkrieges spielen und in denen nichts beschönigt wird, dann aber kann ich dieses in Abschnitten an Remarques Klassiker „Im Westen nichts Neues“ erinnerndes Buch sehr empfehlen: eine eindringliche und berührende Geschichte über Schuld, Verrat und Illusion, aber auch über die Kraft der Liebe und der Freundschaft. Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen, die aber sehr nah beieinander liegen. Julius Reinhardt ist im Jahr 1915 auf Heimaturlaub und möchte seinem Leben ein Ende setzen – zu groß ist das Gefühl der Schuld und des Verlustes – doch ein Priester hält ihn davon ab und lässt ihn seine Geschichte erzählen. Diese beginnt ein paar Jahre vor Kriegsbeginn mit einer innigen Freundschaft vierer ganz unterschiedlicher Jungen. Pieter Webeling lässt sich Zeit, die Geschichte zu erzählen – zunächst wir man rein geschmissen in die bedrückende Szenerie in den Ruinen einer Kirche, in der Julius sich das Leben nehmen will, einmal „gerettet“ jedoch, begleitet man Julius zurück in seine Kindheit und Jugend, als alles noch ganz normal erschien, bis der Ausbruch des Krieges dann alles veränderte. Langsam werden die vier unterschiedlichen Freunde vorgestellt, so dass man sich jeden sehr gut vorstellen kann und auch das interessante Geflecht, das die vier miteinander verbindet. Alle vier melden sich als Soldaten, denken, damit dem Einerlei des Alltags entfliehen zu können – und werden bald desillusioniert. Jeder geht in dieser schweren Zeit einen eigenen Weg und doch sind sie untrennbar miteinander verknüpft. Julius erzählt dabei seine Geschichte und man erlebt dabei als Leser hautnah, was ihn in der Zeit des Krieges berührt und geängstigt hat, was er verloren, aber auch gefunden hat – und nicht immer sind seine Erlebnisse leicht zu ertragen. Der geduldige und sehr inspirierende Zuhörer Julius‘ Geschichte ist ein alter Mann, der Priester eines nahezu völlig zerstörten französischen Dorfes – er hat eine ganz eigene Philosophie des Lebens, die den Titel des Romans erklärt, und die er wunderbar mit seinem Glauben verknüpft, das aber ganz unaufdringlich, so dass ich mich nicht genötigt oder in eine Ecke gedrängt fühlte. Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, mal sehr schlicht mit einfachen, aber sehr treffenden Worten, dann aber wieder auch poetisch und an manchen Stellen auch etwas blumig – immer aber schafft er eine melancholische und bedrückende Stimmung, die mich völlig eingenommen hat, und die einfach anschaulich die Atmosphäre der jeweiligen Szenerien widerspiegelt. An manchen Stellen lässt der Autor sich vielleicht etwas viel Zeit, die Geschichte zu erzählen, zumindest habe ich es beim Lesen so empfunden – nach Zuschlagen des Buches aber scheint kein Satz mehr überflüssig und alles wirkt in sich rund und schlüssig. Mich hat das Buch sehr beeindruckt und wer sich für das Thema interessiert, dem kann ich es sehr ans Herz legen. Ich gebe ihm gute 4 von 5 Sternen.

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„Ein Atlasspinner. Aber glaub mir, das Tier hat ein Riesenproblem, das größer ist als all unsere Probleme zusammen. Dieser Schmetterling hat keinen Saugrüssel. Deshalb lebt er nur 10 Tage…er selbst bekommt von der Schönheit der Natur nur wenig mit…Gott hat es so gewollt“. Weise Worte des alten Priesters im fast zerstörten, fast völlig verlassenen französischem Dorf. In dessen Kirche Julius bereit ist, seinem Leben ein Ende zu setzen. Denn all die Vorfreude, die Mannhaftigkeit, die Worte von Ehre und Stoltz, die Begeisterung, das „wahre Leben“ kennenzulernen (statt nur der Eintönigkeit im eigenen Herkunftsdorf), das „sich bewähren im Eisenhagel des ehrenvollen Krieges“, all das liegt desillusioniert hinter ihm. Und nicht nur das. Gut, dass der Priester und auch der ein oder andere restliche Bewohner des Dorfes nicht auf Rache aus sind. Ihn, den Deutschen nicht einfach bei lebendigem Leib zerreißen. Denn so kann Julius dem Priester, letztlich aber sich selbst seine Geschichte erzählen. In der Webeling diese ganze Welt und Weltordnung des alten Kaiserreiches ebenso zur Sprache kommen lässt, wie die grundlegenden Themen des Menschen, Liebe und Freundschaft, Sinn und Ziel des eigenen Lebensweges. Zeit lässt sich Webeling dabei, die einzelnen Personen in Ruhe vorzustellen. Den „mannhaften“ Claus, Draufgänger und Filou. Den ruhigen, zurückhaltenden Erich, der froh ist, der häuslichen Enge und Gewalt durch seine Verlobte entkommen zu können. Und dies doch hinter sich lässt, um nicht hinter den Freunden zurückzustehen. Theodor, dessen Vater sich auflehnt gegen unwürdige Arbeitsbedingungen und nun Hunger und Armut erst so richtig kennenlernen wird. Das Bild einer patriarchalischen Gesellschaft, in der der Gürtel als Erziehungsinstrument und die Ohrfeige beziehungsklärend eingesetzt wird. In der sich die „Macher“ und Vermögenden alles erlauben können, selbst das eigene Mündel zu befingern. Zeiten auch, in denen die Liebe kompliziert ist, Sexualität überstark im Raume steht und wenig Ventile findet und wenn nur heimlich. Da wundert es nicht, das mit Begeisterung das Abenteuer gesucht wird, blumengeschmückt die Regimenter in den Krieg ziehen. Und unvorbereitet die brachiale Gewalt und Grausamkeit, die Entfremdung voneinander und persönliche Schuld innerhalb kurzer Zeit tiefe Spuren (und Tode) hinterlassen werden. „Der Mensch, mein Junge, hätte eigentlich die Krone der Schöpfung sein sollen. Aber wir haben es vermasselt – schon lange vor diesem Krieg. Der Mensch verpuppt sich vom Schmetterling zur Raupe“. Und doch wird der eine dem anderen zum Teufel. Mit tödlichen Folgen. Und einer offenen Frage zum Ende hin, ob Vergebung einander und sich selbst gegenüber möglich sein könnte. Sprachlich in ganz einfachen Worten und hier und da auch mit Längen und zu breiter Erzählweise gelangt Webeling doch am Ende an die Substanz menschlichen Seins, an die Fragen nach Liebe, Freundschaft, Gefühlsaufwallungen und wo die Grenze ist, an der Vernunft und Zivilisation tieferen Trieben weichen. Zu aller Unglück.

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