Von:
BookLover
03.10.2019
Ein bekanntes Sprichwort sagt „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“. In Deana Zinßmeisters historischen Roman „Die Farbe des Goldes“ bewahrheitet sich dieser Spruch mehrfach.
Die Handlung geschieht in Württemberg des frühen siebzehnten Jahrhundert. Viele Leser lassen sich davon abschrecken, befürchten sie doch einen weiteren, schlecht recherchierten Groschenroman, wie man ihn an jeder Ecke findet. Doch dies ist bei weitem nicht der Fall. Gerade weil die Sprache der Zeit angepasst ist, erhält man einen guten Überblick über die damaligen Verhältnisse. Durch die Wahl der realen Orte, wie Stuttgart, Tübingen oder Mömpelgard- ein Ort im heutigen Frankreich (Montbéliard), der damals zu den Besitztümern des Landes Württemberg gehörte- entsteht ein sehr gutes Verständnis für die geografischen Bedingungen. Kutschfahrten dauern deutlich länger als eine Fahrt mit der Bahn, weshalb die Charaktere den ganzen Tag brauchen, um von Tübingen nach Stuttgart zu gelangen.
Die Charaktere sind ein weiterer Indikator für die Zeit. Hauptsächlich geht es um die Elisabeth, die siebzehnjährige Tochter eines Karpfenbauers vom Lande. Sie trifft eines Tages auf einen jungen Mann aus besseren Verhältnissen- der sagt ihr jedoch nicht die Wahrheit über seine Herkunft und gibt sich als sein Vetter aus. Zudem nutzt er die gutgläubige und naive Elisabeth schonungslos aus. Es wird intim zwischen den beiden- obwohl Elisabeth sich unwohl damit fühlt- und das bleibt nicht ohne Folgen. Als ihr Liebhaber erfährt, dass Elisabeth ein Kind von ihm erwartet, zieht er den aus seiner Sicht einzig richtigen Schluss: sie muss weg. Er lässt sie in ein Freudenhaus (besser bekannt als Bordell) bringen, wo man ihr das Kind direkt nach der Geburt wegnimmt. Erst der Alchemist Johannes Keilholz, der sich Elisabeth annimmt und sie als seine Tochter ausgibt, kann ihr helfen. Der Chemiker erhält jedoch eine besondere Aufgabe: er soll bei der Herstellung vom Gold am herzoglichen Hof mithelfen…
Vorsicht Spoiler!
Was dieses Buch besonders macht, ist die Vermischung der Gesellschaft. So schwängert der Sohn des Herzogs, getarnt als sein Vetter, eine naive Jungfrau und heiratet eine andere. Ein Edelmann gibt sich als Alchemist aus, ist jedoch ein Betrüger erster Güte. Und die naive Jungfrau spielt die Tochter des ehrenhaften Alchemisten, der jedoch unter den Verlust seiner wahren Familie leidet. Dadurch schafft „Die Farbe des Goldes“ eine Plattform für gesellschaftliches Rollenspiel, ohne dabei am Hang zur Realität zu verlieren. Die Autorin selbst weist darauf hin, dass die Dinge geschehen sein könnten, es jedoch keine Belege dafür gibt. Daher hat man nie das Gefühl, die Realität los zu lassen.
Fazit:
Mich hat dieses Buch sehr gefesselt und ich finde es nach wie vor spannend. Selten hat ein Buch es geschafft, mich so sehr mit Handlung, Sprache und Rahmen einzunehmen wie „Die Farbe des Goldes“. Man sollte allerdings bereit sein, sich in die damalige Zeit hineinzuversetzen. Denn in diesem Buch werden gesellschaftliche Tabus direkt mehrmals gebrochen. Dies ist ohne ein gewisses Zeitgefühl nicht zu verstehen. Ich persönlich freue mich auf weitere Bücher der Autorin- eventuell eine Fortsetzung über das Familienleben?