Norderney 1912. Das junge Zimmermädchen Henny wird tot aus dem Meer gezogen. Mutmaßlich Selbstmord.
Niemand interessiert sich für eine tote Hotelangestellte in einer Zeit, in der die Frauen nur wenig Rechte haben und oftmals bei einer ungewollten Schwangerschaft nur einen Ausweg wissen, um der Schande einer ledigen Mutterschaft, zu entgehen. So wird auch bei Henny angenommen, dass es sich so zugetragen hat. Damit ist der Fall für die örtliche Polizei abgeschlossen.
Der Hamburger Journalist Christian Hinrichs zieht die Tote aus dem Meer, als die angehende Lehrerin Viktoria Berg hinzukommt. Beide glauben nicht an einen Freitod. Als einzige Fürsprecher der Toten decken sie den Fall nach und nach auf bis zu einem überraschenden Ende.
Dieser Krimi spielt in einer Zeit, als Deutschland noch von einem Kaiser regiert wurde, als der Adel noch das Sagen hatte und industrieller Reichtum zwar im Kommen, aber verpönt war.
Die Frauen dieser Zeit hatten wenig Rechte, sie wurden meist zu Ehefrauen erzogen, wurden jung verheiratet und ab der Ehe oblag das Sagen einzig dem Ehemann. Frauen dürften nur arbeiten, wenn der Ehemann seine Zustimmung gab.
Aus diesem Grund verzichtet die Hauptfigur Viktoria auf eine Heirat und Kinder und möchte als Lehrerin arbeiten und somit ihr Leben selbstbestimmt leben.
Auf der Sommerfrische lernt sie jedoch den Journalisten Christian besser kennen, er ist ganz anders als die Männer, die Viktoria aus ihrem Stand kennt. Er ist ein Arbeiterkind, hatte es nie sehr leicht im Leben und kann die Erwartungen seines Vaters nicht erfüllen, der seine „Schreibtisch-Arbeit“ nicht als ehrliche Arbeit anerkennt.
Und so begibt man sich mit diesem Roman in eine Zeit über Hundert Jahre in die Vergangenheit, Elsa Dix verwendet viele zeitgenössische Ausdrücke, diese machen den Roman sehr charmant. Die Autorin nimmt den Leser mit in die Sommerfrische von 1912, in eine Welt wo es Badewägen und pompöse Kleider gab, wo es sich nicht schickt sich öffentlich zu küssen und wo man zum Abendessen selbstverständlich Frack trägt.
Es ist ein schöner Krimi, eingebettet in eine Zeit, die sich so sehr von 2020 unterscheidet, mit einer unschuldigen Liebesgeschichte am Rande. Auf eine Fortsetzung kann man sich jetzt schon freuen.