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Rezensionen zu
Barracoon

Zora Neale Hurston

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"So viele Worte vom Verkäufer, aber kein einziges Wort von den Verkauften."⁣ ⁣ Das ändert Zora Neale Hurston, als sie 1927 Kossola "Cudjo Lewis" interviewte - den letzten Überlebenden des letzten Sklavenschiffes Clotilda, das afrikanische Menschen in die USA transportierte.⁣ ⁣ Deborah G. Plant gab diesen lange unveröffentlichten Bericht nun heraus und eröffnet eine neue Sichtweise, die sich Hurston bereits vor fast 100 Jahren eröffnete:⁣ "Die Weißen hatten meine Leute in Amerika in Sklaverei gehalten. Sie hatten uns gekauft, das ist wahr, und uns ausgebeutet. Woran ich aber schwerer zu schlucken hatte, war die unabweisliche Tatsache: Meine eigenen Leute hatten mich verkauft, und die Weißen hatten mich gekauft."⁣ ⁣ Die Geschichte von Kossola ist traurig, erstaunlich und faszinierend zugleich. Er erlebte das Leben in Afrika, die Gefangennahme und Verschiffung, die Sklaverei und die Freiheit. Dabei erhebt das Buch nicht den Anspruch, ein Plädoyer für Freiheit zu sein, sondern erzählt seine Geschichte.⁣ ⁣ Hurston fängt hierbei die Emotionen Kossolas ein und erweckt großes Mitgefühl. Dabei ist besonders beeindruckend, wie sie seine Sprache schriftlich festhält. Im Deutschen gelingt dies natürlich nur bedingt, dafür lässt sich in einem Textauszuges des englischsprachigen Originals gut verfolgen, wie Kossola sprach. Hierzu ein Beispiel:⁣ ⁣ "Wir kommen nackt nach Amerikaland, und die Leute sagen, wir sind nackte Wilde. Sie sagen, wir tragen gar keine Kleider. Sie wissen nicht, dass die Viele-Kosten uns die Kleider weggerissen haben."⁣ Der Leser erkennt in dem Interview und den vielen beigefügten Anekdoten und afrikanischen Geschichten Kossolas das, was uns das Buch zeigen will. Es zeigt dem Leser von einer enormen Überlebens- und Widerstandskraft gegenüber allen Übeln, die auf einen zukommen können.⁣ ⁣ Kossola verlor nie die Hoffnung und nie den Mut, sich seine Schicksal zu stellen und weiter zu leben und für seinen Traum zu arbeiten. Hiervon lässt sich vieles lernen!⁣ Denn die Probleme, die in westlichen Nationen heutzutage von persönlichem Belang sind, rangieren in ihrem Ausmaße und ihren Wirkungen auf das eigene Leben wohl deutlich hinter denen des letzten amerikanischen Sklaven Kossola "Cudjo Lewis".⁣ ⁣ Die Hürden zu sehen ist wichtig - sich hoffnungsvoll an die Lösung zu begeben und an einer Besserung zu arbeiten aber von wesentlich größerer Bedeutung. Kossolas Geschichte zeigt uns das auf authentische Weise.

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Vielleicht das Erste, was man über Zora Neale Hurstons Barracoon wissen muss, ist, dass es sich bei der deutschen Übersetzung nicht ansatzweise um das Buch handeln kann, dass Hurston gern veröffentlicht hätte. Das wird im Vorwort mehr als deutlich: Die Autorin schlug mehrmals die Möglichkeiten aus, den Text in standardisiert englischer Sprache zu veröffentlichen, weil es ihr wichtig war, die besondere Sprechweise ihres Interviewpartners Oluale Kossola, genannt Cudjo Lewis, so authentisch wie möglich wiederzugeben. Deshalb erschien Barracoon erst nach dem Tod der Autorin vor gut zwei Jahren dann auch endlich im englischen Original. Eine Übersetzung steht damit vor einer unmöglichen Aufgabe. Was im Original einerseits eine persönliche Sprechweise, andererseits aber auch das Pidgin einer bestimmten Gruppe aus afrikanischen Gebieten entführter Sklaven und deren Nachfahren in den Vereinigten Staaten ist, und damit eine eigene Sprache, wird im Deutschen entweder wie eine schreckliche Verballhornung wirken oder eben in Standard-Deutsch übersetzt werden müssen. Beides weit weg von dem, was Hurston transportieren wollte. Das Problem wird im umfangreichen Anhang auch thematisiert. Man entschied sich im Penguin- Verlag zum Glück dafür, Kossolas Sprache nur leicht mündlich zu markieren. Ich denke, das ist hier der bessere, respektvollere Weg. Überraschend wenig Raum für die Sklaverei in den USA Hurstons Text war zum Zeitpunkt der Niederschrift einer von noch wenigen umfangreichen Arbeiten zur Sklaverei in den Vereinigten Staaten und gehörte einer noch jungen Schule an, die schonungslos den Blick der Opfer einnahmen. Doch auch heute bleibt der Text einzigartig, handelt es sich doch um einen der ganz wenigen Augenzeugenberichte eines Menschen, der noch selbst aus seiner Heimat entführt wurde, in die Sklaverei verkauft wurde, und die Befreiung miterlebte, in der er noch 50 weitere Jahre lebte. So entsteht ein Werk, das auch Kenner der Thematik an vielen Stellen überraschen dürfte. Eine der größten Überraschungen: Die fünfeinhalb Jahre, die Kossola als Sklave verbrachte, werden im Buch auf knapp zwei Seiten abgehandelt. Viel größeren Raum nehmen die Kindheit im heutigen Benin ein, die Riten, die Familienverhältnisse, später dann die Entführung und die Middle Passage. Die nächste Überraschung: Als besonders grausame Lebensphase wird die Sklaverei nicht beschrieben (wobei natürlich sein kann, dass gerade das weitgehende Auslassen dieser fünfeinhalb Jahre den verdrängten Grausamkeiten geschuldet sein mag). Vielmehr scheinen Hursten und Kossola die menschliche Grausamkeit gewissermaßen als negative Universalie herauszuarbeiten. Sklaven zu halten scheint auch in Kossolas alter Heimat relativ normal; recht viel Zeit wird darauf verwandt, herauszuarbeiten, dass es Schwarze waren, die andere Schwarze in die Sklaverei verkauft haben. Ein Schock, wie Hurston selbst zu bedenken gibt, ebenso wie Deborah G. Plant im Vorwort. Ein Schock, der dem Narrativ widerspricht, welches sich die noch junge politische afroamerikanische Bewegung, in der Hurston sozialisiert wurde, aufgebaut hatte. Vielleicht auch deshalb gibt Hurston dem Thema viel Raum. Das Projekt „Africatown“ Ebenfalls faszinierend ist die Beschreibung von „Africatown“, das Kossola und seine Mit-Befreiten gründen und wo sie versuchen, nach den Regeln und Gesetzen der alten Heimat zu leben. Es gibt dort einige „Ehren-Afrikaner“, Angeheiratete etwa, doch wird diese kleine Gesellschaft größtenteils von Menschen getragen, die nicht als Nachkommen von Sklaven aufgewachsen sind, sondern selbst aus der alten Heimat entführt wurden. Dabei kommt es auch zu Allianzen früher verfeindeter Gruppen. Das ist tatsächlich ein Kapitel der nordamerikanischen Sklaverei und der Sklavenbefreiung, von dem ich noch nie etwas gehört hatte. Doch auch in Freiheit spielt das Leben Kossola weiterhin übel mit. Seine Frau und alle seine Kinder sterben vor ihm, einer der Söhne wird von einem rassistischen Sheriff ermordet. Kossola erzählt im Großen und Ganzen eine eher deprimierende Geschichte, in der wenn überhaupt, die doch weiterhin mild positive Lebenseinstellung des Protagonisten ein wenig Hoffnung vermittelt. Ein wenig. Denn warum sollte ein Buch über eines der barbarischsten Kapitel der Menschheitsgeschichte auch Hoffnung vermitteln?

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„Barracoon“ ist die bis vor Kurzem unveröffentlichte Lebensgeschichte des letzten verschleppten und in den USA versklavten Afrikaners. Die Veröffentlichung ist ein literarisches Ereignis, das enorm spannende Einblicke bietet. Diese Geschichte zu lesen, hat meinen Horizont erweitert. Mir war bislang nicht bewusst, wie genau der Menschenhandel zwischen Afrika und Nordamerika ablief. Kossolas Heimatdorf wurde in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von einem kriegerischen Stamm von der afrikanischen Westküste massakriert. Die jungen Frauen und Männer wurden gefangen genommen und mussten einen tagelangen Marsch aus dem Landesinnern bis zum Meer über dich ergehen lassen. Dort wurden sie in die namensgebenden Barracken gesperrt und vom lokalen Stammesfürsten an amerikanische Menschenschmuggler verkauft. Es gab wohl Stämme, die sich ausschließlich über den Menschenhandel finanzierten. Neu war für mich auch zu erfahren, wie schwierig das Leben nach der Abschaffung der Sklaverei 1865 insbesondere für die afrikanischen Sklaven war. Von Seiten der Weißen erfuhren sie Rassismus. Die seit Generationen ansässigen schwarzen Amerikanern hielten sie für unzivilisierte Wilde, die obendrein der englischen Sprache nicht mächtig waren und teils nach ihren Stammesbräuchen lebten. Die vollständige Besprechung findet sich auf www.wissenstagebuch.com.

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"Ich will aussehen wie in Afrika, weil das ist, wo ich sein will." (Cudjo Lewis/Oluale Kossola) Zora Neale Hurston hat ihre Fotokamera bereitgestellt. Cudjo Lewis, dessen afrikanische Mutter ihn Kossola nannte, ist im Haus verschwunden, um sich für das Foto zurecht zu machen. Er kommt in seinem besten Anzug wieder heraus, aber ohne Schuhe. Denn in Afrika, seinem Ursprung, seiner Heimat im heutigen Benin, trägt man keine Schuhe. Africatown (Plateau), Alabama, 1927: Die Anthropologin und afroamerikanische Schriftstellerin Zora Neale Hurston ist in den Süden der USA gereist um den 86-jährigen Kossola zu treffen und zu interviewen. Und dieser hat Unglaubliches zu erzählen. 1860 kam er als 19-jähriger junger Mann mit dem letzten Sklavenschiff, das Afrika Richtung Neue Welt verließ, der Clotilda, nach Amerika. Zuvor wurde sein Heimatdorf von einem kriegerischen Stamm überfallen, er und andere Männer und Frauen gefangen genommen und als Sklaven an die Gebrüder Meaher, amerikanische, weiße Großgrundbesitzer, verkauft. Eine Station auf dem beschwerlichen Weg nach Amerika waren die so genannten Barracoons, eine Art Baracke, in der die Sklaven gefangen gehalten wurden, bevor man sie auf das Schiff brachte. In den regelmäßigen Gesprächen mit Hurston berichtet Kossola über Kindheit und Jugend in Afrika, die Gefangennahme, das Leben als Sklave und das Überleben nach der Freilassung in einem Land, das nicht seine Heimat war und in dem er immer „der Afrikaner“ blieb. Barracoon ist ein einzigartiger Zeitzeugenbericht, der erstmals 2018, lange nach dem Tod der Autorin, in den USA erschien und dort zum Bestseller wurde. Die Veröffentlichung unterscheidet sich deutlich von anderen, auch zeitgenössischen Publikationen zum Thema, denn Zora Neale Hurston entscheidet sich für einen außergewöhnlichen Stil, indem sie die Erzählungen Kossolas, über große Strecken des Buches, in direkter Rede wiedergibt und ihn somit in seinen eigenen Worten, seiner ganz eigenen Sprachmelodie berichten lässt. Eine fast unlösbare Aufgabe für den Übersetzer Hans-Ulrich Möhring. Doch auch in der deutschen Übertragung ist der Text an Eindrücklichkeit kaum zu überbieten. Wenn Kossola z.B. seine Schilderungen, teilweise furchtbarer Dinge, regelmäßig mit einem „ogottogott“ unterbricht, fällt es leicht, sich den alten Herrn auf seiner Veranda sitzend vorzustellen, den schüttelnden Kopf in den Händen. Er spricht mich großen Gesten und feiner Mimik, die sämtliche Emotionen widerspiegeln. Der empathische Rezipient liest und erspürt dies zwischen den Zeilen. Das Buch beinhaltet nicht nur das Interview mit Kossola. Schon die Autorin hat das Werk mit einem Vorwort, einem umfassenden Anhang und zahlreichen Anmerkungen versehen. Ergänzt wird der Band mit einer Einleitung und einem Nachwort der Herausgeberin Deborah G. Plant und einem wunderbaren Vorwort von Alice Walker, Autorin des Bestsellers „Die Farbe Lila“. Besonders erfreut hat mich das, der deutschen Ausgabe beigefügte, Kapitel im englischen Original. Dies gibt dem Lesenden mit ausreichenden Englischkenntnissen die Möglichkeit, sich einen Eindruck der originalen Ausdrucksweise zu machen, derer sich Kossola bedient. Der Aufbau des Werkes mit seinen umfangreichen Anmerkungen macht deutlich, dass es sich hier nicht um einen rein erzählenden Text, sondern um eine wissenschaftlich fundierte Publikation handelt. Dies sollte der Lesende sich vor der Lektüre bewusst machen. Überraschenderweise fand sich der Satz, der mich im ganzen Buch am meisten bewegte, im Glossar des Buches. Hier geht es im Absatz über Sklavenschiffe u.a. um die Unterbringung der verkauften Menschen auf dem Schiff. „Auf manchen Schiffen wurden sie wie Baumstämme übereinandergestapelt.“ Ein kurzer, harmlos wirkender Satz, der die gesamte Grausamkeit und Entmenschlichung dieses unfassbaren Geschäfts beinhaltet. Um mir das Bild von den Zuständen auf der Clotilda vorzustellen, brauche ich meine Fantasie gar nicht groß anstrengen. Es reicht ein Blick in die Nachrichten. Mittelmeer. Hunderte Menschen in kleinen Schlauchbooten. Erkaufte Hoffnung, die oft nicht hält, was sie verspricht. Der Preis zu hoch, für einige von ihnen. Kossola zog es zeitlebens zurück nach Afrika. Doch haben seine Füße nie wieder das Land seiner Ahnen betreten. Er wurde 1865 zwar ein freier Mann, doch wie frei ist man wirklich ohne finanzielle Mittel, von Weißen und in Amerika geborenen Schwarzen gleichermaßen geächtet, in einem kapitalistischen Land, das nicht Heimat ist? Ein Gefühl, welches viele Migranten, die hier mit uns leben, ganz sicher teilen. Umso wichtiger ist es, dass dieses beeindruckende Werk von Zora Neale Hurston nunmehr, lange nach seiner Entstehung, endlich veröffentlicht wurde. Es gibt vielen unbekannten, verschleppten und versklavten Männern, Frauen und Kinder, die Opfer des Menschenhandels wurden, Stimme und Gesicht und uns eine Ahnung davon, was es bedeutet, ENTWURZELT und HEIMATLOS zu sein.

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