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Rezensionen zu
Vaters Wort und Mutters Liebe

Nina Wähä

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Hin und her gerissen

Von: Norbu

21.08.2020

Der schreibstil hat mir sehr gut gefallen und auch das Thema fand ich sehr interessant, aber leider wurde ich mit dem Roman nicht warm.

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Achtzigerjahren in Finnland. In einem Bauernhof im finnischen Tornedal lebt die vierzehnköpfige Familie Toimi. Einige der Kinder sind bereits Erwachsen und sind außer Haus doch die Liebe zwischen der Mutter und den Geschwistern ist so stark, dass sie immer wieder zurückkehren. Nachdem Siri, die Mutter, ihre beide erstgeborene Kinder verloren hat, denkt nur wohlergehen von ihren Kindern. Ganz im Gegensatz zu Pentti, dem herrischen Vater, um den alle Kinder lieber einen großen Bogen machen. Doch als sie zu Weihnachten, mit voller Erwartung und Vorfreude auf das Wiedersehen, nach und nach zu Hause ankommen ahnen die noch nicht, dass dieses Familientreffen vielleicht der letzte ist... Puhhh... wie schreibt man eine Rezension, wo man selbst hin- und hergerissen ist? Einerseits finde ich die Geschichte richtig gut, anderseits abscheulich. Ich weiß es nicht mal, ob an den Schreibstil, an den vielen Charakteren, deren Namen, die ich immer wieder verwechselt habe, oder an den Geschehen, die mich manchmal sprachlos gemacht hat, liegt, Tatsache ist: ich habe das Buch geliebt und gleichzeitig gehasst! All die Charaktere haben eigenen Kapitel und dabei erzählt die Autorin deren Leben von klein auf, sodass mir das Buch teilweise wie eine Coming-of-Age Roman gewirkt hat. Die sind zwar sehr unterschiedliche Charaktere aber auf eigener Art und Weise sind die auch ziemlich deprimiert . Man liest nur über deren Kummer, Probleme und Selbstmitleid, wo ich bei einigen keinen Mitverständnis hatte, nach gewisser Zeit fühlt man sich bedrückt aber es ist so bildhaft geschrieben, dass ich teilweise mit den Figuren mitgelitten habe. Ich habe mich richtig schwer in die Geschichte hineingefunden, war stellenweise anstrengt zu lesen doch ab bestimmten Seiten konnte ich wiederum nicht aufhören zu lesen. Am Ende, trotzt der 540 gelesenen Seiten, bin ich ratlos zurückgeblieben. Es ist sehr schwierig das Buch in Worte zu fassen, man muss es halt selbst lesen um es verstehen zu können. Eine Geschichte über eine verkorkste Familie mit innerlich verdorbenen Familienmitgliedern. Es ist düster, es ist Melancholie getränkt doch gleichzeitig Hoffnung und liebevoll. Keine einfache Lektüre aber sehr lesenswert.

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Die Beziehungen zwischen Geschwistern, das weiß jeder, der kein Einzelkind ist, ist etwas Besonderes. Ganz egal, wie konfliktreich, wie sehr man sich streitet, um die Aufmerksamkeit der Eltern konkurriert, Futterneid entwickelt - am Ende sind die Geschwister, die uns besser kennen, als so ziemlich jeder andere Mensch, oder wissen, wie wir zu denen wurden, die wir sind. In Nina Wähäs Familienroman "Vaters Mord und Mutters Liebe" geht es um besonders viele dieser Geschwisterbeziehungen, denn immerhin umfasst die Familie Toimi 12 überlebende Geschwister, insgesamt hat Mutter Siri 14 Kinder geboren. Eine Bauernfamilie im Norden Finnlands, mit der sanften, duldsamen Mutter Siri und Vater Pentti, der mit seinem zornigen Wesen, seiner Unfähigkeit Liebe zu zeigen, seiner Härte nicht nur der Familientyrann ist, sondern auch immer abseits zu stehen scheint. Wähä, eigentlichlich Schauspielerin, inszeniert ihren vielschichtigen Familienroman ein bißchen wie ein elisabethanisches Bühnenstück oder einen Moritatenerzählung mit dem allwissenden Erzähler am Anfang jedes Kapitels, in den nächsten Akt, das nächste Bild einführend. Am Ende, so heißt es schon frühzeitig, steht ein Mord. Oder vielleicht auch nicht. Aber passieren werde was. Demnächst jedenfalls. Denn die Autorin nimmt sich viel Zeit, um in die Familie, die Geschwisterkonstellationen, die Familiengeschichte einzuführen. Eigentlich ist fast jedes Kapitel ganz besonders einem der Geschwister gewidmet, erlaubt dem Leser, über die Schultern der Großfamilie zu schauen, von Anfang an, wenn Anni, die älteste Tochter, von Stockholm in den hohen Norden reist. Nicht nur, um der Familie von ihrer Schwangerschaft zu berichten, sondern vor allem, um Bewegung ins Spiel zu bringen. Die junge Frau, die so schnell wie möglich den heimischen Bauernhof verlassen hat, um ihr eigenes Leben zu führen, versucht nun einen ähnlichen Befreiungsschlag für die Mutter. Auch mit 56 Jahren soll es für sie noch nicht zu spät sein, ein anderes Leben als das in der lieblosen Ehe zu führen. Und die jüngsten Geschwister, vier und acht Jahre alt, sollen anders aufwachsen, als Anni und die anderen der älteren Kinder. Erst überzeugt sie ihre Geschwister, dann konfrontiert der Geschwisterrat Siri: Sie soll sich scheiden lassen,noch einmal einen Neubeginn wagen. Klar, dass Pentti das überhaupt nicht komisch findet. Wähä schildert diese Familiengeschichte sowohl episch als auch als Mikrokosmos, viele kleine Porträts, das Ganze eingebettet in die Geschichte Kareliens von den Dreißiger bis zu den Achtziger Jahren. Auch die Geschwisterfront ist keineswegs geschlossen, es gibt Einzelinteressen, auch Egoismen und keineswegs jedes der Kinder ist ein Sympathieträger. Es geht um die schwierigen Jahre der Pubertät, Selbstentdeckung und Selbstverleugnung, die Suche nach Chancen und das Akzeptieren von Schicksal, um Liebe und Entfremdung. Nicht zuletzt nimmt das Buch seine Leser mit in eine ziemlich archaische, isolierte Gesellschaft - es gibt zwar Nachbarn und eine Kleinstadt in der Nähe, doch all das bleibt ziemlich vage, Und auch die Familienidee erinnert eher an das 19. Jahrhundert als an die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es ist wirklich eine Welt, die ganz weit entfernt ist von vielen heutigen Familien, in denen Kinder teils überbehütet, teils maßlos mit Materiellem überhäuft werden. Die große Familie entspricht weniger dem Wunsch, als der Notwendigkeit, sind die Kinder doch kostenlose Arbeitskräfte im Stall und auf dem Feld. Nein, romantisch ist dieses Landleben überhaupt nicht,, aber trotz eines Endes, das dann doch noch ein paar Fragen offen ließ, ein praller Roman voller Leben.

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Narben, die das Leben schlägt

Von: Bettina Müschen

08.08.2020

Siri und Pentti haben 14 Kinder, von denen 12 noch leben, doch trotz dieser großen Familie ist es ein Roman über die Einsamkeit, die durch Sprachlosigkeit entstehen kann. Die ersten beiden Kinder sind früh gestorben Siri macht ihren Ehemann, den sie zunächst noch liebt, für diesen Verlust verantwortlich. Man hat den Eindruck, dass sie viele weitere Kinder braucht, um mit der Trauer und dem Verlust fertig zu werden, während Pentti die Kinder eigentlich nur als Arbeitskräfte auf dem Hof braucht. Die Autorin stellt im Verlauf der spannenden Romanhandlung jedes Familienmitglied vor, wobei deutlich wird wie unterschiedlich Kinder sein können, die doch alle den gleichen Vater und die gleiche Mutter haben. Einzelgänger, Sonderlinge und Kinder mit vielen Problemen gibt es in dieser Familie, die geprägt wird von der Mutter, die mit viel Fleiß versucht, das Leben für alle erträglich zu machen und dem immer tyrannischer werdenden Vater, vor dem fast alle Kinder Angst haben. So unterschiedlich wie die Kinder sind, einig sind sie sich darüber, dass die Mutter die schlechte Behandlung durch den Vater nicht mehr ertragen und sich von ihm scheiden lassen soll. Kann es für Siri mit 57 Jahren noch einen Neuanfang geben? Ein wundervoller, vielschichtiger Roman, in dem die schwedische Autorin ganz in der Tradition finnischer Geschichten erzählt und dabei am Anfang jeden Kapitels eine kleine Zusammenfassung dessen gibt, was es zu erfahren gibt und auf diese Weiseden Leser durch die Handlung führt. So ist es für den Leser, trotz der großen Anzahl von Personen, nicht schwierig, sich in der Handlung zurechtzifinden. Mich hat die Lektüre sehr gefesselt und viele der Einsichten und Weisheiten werden mich sicher noch länger begleiten. Für alle Leserinnen und Leser, die sich für Menschen, Schicksale und das Leben mit allen seinen Höhen und Tiefen interessieren eine klare Leseempfehlung.

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Finnland in den 80er Jahren. Ein Bauernhof in Tornedal, das liegt an der schwedischen Grenze, irgendwo im Nirgendwo. Eine Familie mit noch zwölf lebenden Geschwisterkindern, die Mutter, der Vater. Sie, bescheiden und duldsam, er, ein Despot. Ein perfektes Setting für ein Familienepos. Vielleicht liegt es an der Übersetzung, oder am Stil, der für uns eher ungewöhnlich ist. Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass vierzehn finnische Namen für uns einfach nur schwer auseinander zu halten sind. Vielleicht liegt es an auch einfach der Unvorstellbarkeit der Ereignisse. Tatsache ist, dass ich wirklich schwer in die Geschichte hineingefunden habe, dann aber, als alle Fäden verknüpft waren, konnte ich mich nicht mehr davon trennen. Ich war nahe daran abzubrechen und bin froh, dass ich es nicht getan habe. Wer durchhält wird stark gefordert, aber am Ende ebenso stark belohnt. Mit einer Geschichte, wie ich sie noch nicht gelesen habe. Sie ist wie ein ungeschliffener Diamant, dessen Schöhnheit erst beim beginnenden Schliff an einigen Ecken hervorblitzt. Eine Geschichte die bewegt und berührt, die erschreckt und schockiert. Eine Geschichte über eine ungewöhnliche Familie. Nina Wäha stellt in ihrem Buch jeden ihrer Charaktere ausführlich vor, das ist wirklich ungewöhnlich. Sie beschreibt sie extrem intensiv, mit all ihren Fehlern und Ängsten, und macht sie so für uns Leser lebendig. Ich hätte nie gedacht, dass ich die Personen irgendwann unterscheiden würde können, aber dank der tiefen Charakterisierung gelingt es im Laufe des Romans immer besser. Ihr Erzählstil ist ebenso ungewöhnlich, wie angenehm. Man fühlt sich involviert und manchmal wird man sogar als Leser direkt angesprochen. Das schafft Nähe, vielleicht sogar ein wenig Komplizenschaft. Man fühlt sich verantwortlich für das was passiert. Auch wenn man es nicht im geringsten beeinflussen kann. Denn die nahende Katastrophe ist unausweichlich. Mich hat das Buch sehr aufgewühlt und es wird mir sicher noch lange im Kopf herumschwirren.

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Ich verzichte auf eine Vorstellung der handelnden Personen, bei 14 Menschen, 14 Schicksalen würde das den Rahmen sprengen. Nina Wähä erzählt uns in ihrem Roman von diesen 14 Menschen, einer Familie die im finnischen Tornedal einen Bauernhof bewirtschaftet, die Kinder leben in ständiger Angst vor dem immer unberechenbarer werdenden Vater Pentti und so haben die meisten von ihnen den Hof so bald wie möglich verlassen. Doch sie kehren immer wieder nach Hause zurück, zurück zu der unverbrüchlichen Liebe ihrer Mutter der sanften Siri und den Geschwistern, dem Rattenkönig, wie Annie die älteste Tochter ihre Geschwister Schar nennt. Das Buch enthält gleich zu Beginn eine deutliche Warnung der Autorin, das es manchmal schwierig sein könnte der Geschichte zu folgen, da so viele Menschen ihren Anteil daran haben, aber sie versichert uns auch das sie uns durch die Zeilen führen wird. Diese Führung war auch nötig, aber nicht so sehr wie ich nach ihren Zeilen befürchtet hatte. Ich fand mich recht schnell zurecht in dieser Familie. Die Autorin gibt jedem genug Raum, um ihn kennenzulernen. Vor allem konnte Nina Wähä mich gleich auf den ersten Seiten einfangen, als sie Annie erzählen lässt, der ältesten noch lebenden Tochter. Ich wusste schon zu Beginn, das Vaters Wort und Mutters Liebe, nicht nur die Geschichte einer Familie mit all ihrer Tragik und Liebe ist, sondern auch die Geschichte eines Mordes und so fieberte ich als Krimifan natürlich auch der tieferen Auflösung entgegen. 544 Seiten, scheinen auf den ersten Blick viel zu sein, sehr viel, aber das Buch liest sich fast wie von selbst und die Seiten fliegen nur so dahin. Die Autorin Nina Wähä wurde 1979 in Stockholm geboren. Sie war Schauspielerin und Leadsängerin der Indieband Lacrosse, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte. 2007 debütierte sie mit dem Roman S som i syster (S wie in Schwester), drei Jahre später erschien Titta inte bakåt! (Schau nicht zurück!). Beide Romane wurden von der schwedischen Presse gefeiert. Nina Wähä lebt heute mit ihrer Familie in Stockholm.

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Einen Roman über eine Familie mit 14 Kindern zu schreiben, ist für die Autorin eine Herausforderung. Aber auch für die Leserin. Insbesondere wenn die Autorin, wie im vorliegenden Fall, fast alle diese Kinder und ihre eigenen Geschichten ausführlich vorstellt. Dann kann das zu einigen Längen im Roman führen, auch wenn natürlich die Beleuchtung der Lebensläufe der Figuren viel zum Verständnis ihres späteren Handelns beiträgt. Von daher passt es, dass die Autorin selbst in einer Art Prolog warnt: „Vielleicht wirst du beim Lesen hin und wieder innehalten und denken: Was soll denn das jetzt? Aber hab Geduld. Reich mir die Hand, und ich werde dich durch dunkle Zeiten führen und durch helle.“ (S. 5) Nina Wähä erzählt die Geschichte der Familie Toimi, die im Norden Finnlands auf einem Bauernhof lebt, Vater Pentti, Mutter Siri und ihre 12 noch lebenden und die zwei früh verstorbenen Kinder. Das Geschehen spielt Anfang der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts, blickt aber auch zurück auf die Jahre vor und während des Zweiten Weltkriegs. Es ist ein karges Leben mit viel Arbeit, und die ältesten Kinder haben fast alle kurz nach dem Erwachsenwerden den elterlichen Hof verlassen und sind ihrer eigenen Wege gezogen. Bis auf Esko, den ältesten Sohn, der in der Nachbarschaft einen eigenen Bauernhof betreibt. Die älteste Tochter Annie, die eigentliche Hauptfigur des Romans, kehrt kurz vor Weihnachten zu Besuch nach Hause zurück, so wie fast alle Kinder sich wie jedes Jahr um diese Zeit hier versammeln. Sie erwartet ein Kind, findet sich aber nicht so recht in die Mutterrolle. Sie hadert ebenso wie alle ihre Geschwister mit dem herrischen, unberechenbaren Vater. Kurz vor dem Fest geschieht ein Unfall, der Vater handelt immer unbeherrschter, immer ist unvorhersehbar, was er als nächstes tun wird. Besonders leidet darunter Siri, die Mutter, die schon lange nur noch wenig spricht und die durch ihre Liebe zu den Kindern vieles auszugleichen versucht. Nach dem Unfall, bei dem eines der kleineren Kinder schwer verletzt wird und nachdem Esko eine ungeheuerliche Tat des Vaters beobachtet hat, drängen die Kinder gemeinsam ihre Mutter zur Scheidung. Sie tut das und löst dadurch noch etliche andere Geschehnisse aus, bis hin zu einem Todesfall. Zwischen die Handlungsabschnitte fügt Nina Wähä immer wieder längere Episoden ein, Rückblicke auf das Leben der Eltern, den Beginn ihrer Ehe und den Tod der ersten Kinder. Und sie schildert von den meisten Kindern ihr jeweiliges bisheriges Leben, warum sie wurden wie sie sind. Denn jede und jeder hat Narben, echte und seelische, vom Vater zugefügt bekommen, alle sind gezeichnet von ihrer Angst, ihrem Widerstand oder ihrer Kapitulation vor dem Vater. So läuft das Geschehen unweigerlich auf die Katastrophe zu, man möchte als Leserin manches Mal rufen: Haltet ein. Doch alle Familienmitglieder sind irgendwie „verkorkst“ und daher scheint das Ende unausweichlich. Nina Wähä erspart ihren Lesern fast nichts, viele unaussprechliche Dinge erzählt sie schonungslos und offen und zeichnet damit ein wirklich dunkles Bild dieser Familie voller kaputter Menschen. Der Stil von Nina Wähä ist ungewöhnlich, das heißt, man muss sich tatsächlich daran „gewöhnen“. Aber wenn man das geschafft hat, dann liest sich dieser Roman wie ein Thriller, nur eben leider mit einem sehr großen Personaltableau. Allein bis es der Leserin gelingt, die vielen Figuren, deren finnische Vornamen für deutsche Augen ebenfalls gewöhnungsbedürftig sind, auseinanderzuhalten, dauert etliche Seiten. Aber durch ihre subtile Beobachtungsgabe und ihren Schreibstil hält sie das Interesse an allen Figuren wach und die Leserin bei der Stange. Und das auch durch nachdenklich machende Betrachtungen: „Im Nachhinein erscheint das Leben immer so klar und deutlich. Doch während man es lebt und mittendrin steckt, kommt es einem vor, als würden die Dinge, Ereignisse, Worte oder Handlungen einfach geschehen, eine Sache nach anderen oder auch parallel zueinander, ohne erkennbare Zusammenhänge. … und dann, wenn einem die Dinge nicht mehr bevorstehen oder man nicht mehr mittendrin steckt, begreift man plötzlich, wie alles zusammenhängt.“ (S. 26) Kurzum, wer die ersten etwa einhundert Seiten durchhält, wird mit einem spannenden, emotionalen und unüblichen Roman belohnt. Und ganz nebenbei lernt man viel über Geschichte, Landschaft und die Menschen Finnlands. Nina Wähä: Vaters Wort und Mutters Liebe Wilhelm Heyne Verlag, Juni 2020 Gebundene Ausgabe, 543 Seiten, 22,00 €

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Familie extrem

Von: kuddel

11.07.2020

Die vierzehnköpfige Familie Toimi wohnt im finnischen Tornedal, nahe der schwedischen Grenze. Die Eltern, Siri und Pentti, sind sehr gegensätzlich. Während die Mutter der Kinder versucht alles ordentlich und liebevoll zusammenzuhalten, ist der Vater ein herrischer, liebloser manchmal auch brutaler Sturkopf, um den die Kinder gerne einen großen Bogen machen. In dem ungemütlichen familiären Klima bleibt es nicht aus Front zu beziehen, der Großteil steht dabei auf Seiten der Mutter. Die erwachsenen Kinder sind teilweise ausgezogen, teils sogar ins Ausland geflüchtet, die jüngeren Geschwister leben bei den Eltern. Zu Weihnachten gibt es ein Familientreffen, das mit einem Unfall einen tragischen Anfang findet und dessen Folgen sich dramatisch zuspitzen. Der Leser begleitet die Familie über die Festtage ins neue Jahr hinein. Die einzelnen Kapitel sind den sehr unterschiedlichen Kindern und der Mutter gewidmet, so dass man über jeden etwas mehr erfährt, hierbei gibt es auch große Zeitsprünge, da sich aus der Vergangenheit teils die Eigenheiten der jeweiligen Person erklären, manchmal tun sich wahre Abgründe auf. Die Autorin hat hier einen Wälzer über eine Familie geschrieben, in der Liebe, Loyalität, Hass und Sprachlosigkeit sehr nahe beieinanderliegen und der Auslöser für vielfältige Kommunikations- und Beziehungsprobleme sind, man wird immer wieder von Entscheidungen der Einzelnen überrascht. Die vielen einzelnen Erzählungen /Perspektiven fügen sich am Ende zu einem Ganzen zusammen, das dies gelingt, hatte ich anfangs nicht gedacht. Die Autorin wählt einen ungewöhnliche Erzählstil, ab und an spricht sie den Leser direkt an und bringt ihn so näher ans Geschehen, viele Formulierungen wirkten jedoch irgendwie unrund, der Spannungsbogen war nicht immer stimmig. Insgesamt konnte ich das Buch aber schlecht aus der Hand legen und war immer neugierig, wie sich diese Familiengeschichte weiterentwickelt. Hier hat wirklich jeder sein Päckchen zu tragen, wie in einer Studie wird aufzeigt, wie sich Kinder ohne feste Basis und Liebe entwickeln und wie sie später in diesen Prägungen gefangen sind. Am Ende bleibt man wie so oft im Leben mit der Frage zurück, ob jemand die Geschehnisse frühzeitig hätte erkennen und verhindern können. Ein lesenswertes Buch mit kleinen Schwächen, das aber nachdenklich stimmt und nachhallt.

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