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Rezensionen zu
Das Tal der Blumen

Niviaq Korneliussen

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€ 24,00 [D] inkl. MwSt. | € 24,70 [A] | CHF 33,50* (* empf. VK-Preis)

Für die Ich-Erzählerin in „Das Tal der Blumen“ steht eine große Veränderung an: In Kürze wird sie Grönland verlassen, um in Dänemark zu studieren. Sie geht mit gemischten Gefühlen, vor allem, weil sie doch gerade mit Maliina eine Beziehung aufgebaut hat, sich geöffnet, ihre Gefühle zum Ausdruck gebracht hat, was ihr nicht leicht fiel. In Dänemark fällt es ihr schließlich schwer, Fuß zu fassen, Grönländer:innen werden hier misstrauisch beäugt, zumindest herrscht Konsens, dass sie „anders“ sind. Schon zu Beginn des Romans macht Niviaq Korneliussen deutlich, dass das hier keine einfache Coming-of-Age-Geschichte ist: Jedem Kapitel steht eine kurze Aufzählung vor: Alter und Geschlecht eines Menschen – und die Art und Weise, wie sie/er sich das Leben genommen hat. In Grönland, so erfahren wir, ist die Suizidrate besonders hoch, was auch (aber nicht nur) mit dem fehlenden Licht, den sehr langen Wintern dort zu tun hat. Der Roman biegt schließlich ab, als Maliinas Cousine sich zu Hause in Grönland das Leben nimmt und die Ich-Erzählerin beschließt, ihrer Freundin beizustehen. So reist sie in die Heimat und beide versuchen verzweifelt, herauszufinden, wie es zu diesem neuen Suizid kommen konnte. Schließlich hat „Das Tal der Blumen“, übrigens die Bezeichnung eines Friedhofs mit namenlosen Gräbern, noch einen dritten Teil, der sich erneut von den beiden anderen unterscheidet. Mir hat gut gefallen, dass Korneliussens Protagonistin sehr direkt aus ihrem Leben erzählt, hier wird kein Blatt vor den Mund genommen, zum Beispiel die körperliche Seite ihrer Beziehung betreffend. Das mag kurz gewöhnungsbedürftig sein, ist aber auch erfrischend. Der Autorin gelingt es außerdem sehr gut, die etwas merkwürdig anmutenden Familienverhältnisse ihrer Heldin auszuleuchten, denn ihre Eltern benehmen sich zuweilen durchaus etwas seltsam ihrer Tochter gegenüber. Nach und nach wird der Roman immer mehr zu einem Psychogramm der Protagonistin, vor allem im letzten Teil, über den ich aber nicht mehr verraten möchte. „Das Tal der Blumen“ beschäftigt sich mit einem wichtigen, einem sehr ernsten, erschütternden Thema: den so häufigen Suiziden in Grönland, den Umgang damit, auch von staatlicher Seite. Letztlich ging das Romankonstrukt für mich nicht komplett auf, fehlte mir ein wenig die Konsequenz vor allem auf der Plotebene, obwohl ich auf der anderen Seite erkenne, dass eine Geschichte wie diese keinen Regeln folgen muss – im Gegenteil. So kann ich nicht ganz genau sagen, weshalb „Das Tal der Blumen“ bei mir nicht ganz einschlagen konnte. In jedem Fall ist es ein wichtiger, lesenswerter Roman.

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Sie hat das ganze Leben noch vor sich. Vermeintlich. Sie ist gerade im Begriff, sich von ihrer Familie abzunabeln, zum Studium nach Dänemark zu gehen und ihrer Heimat Grönland ein Stück weit den Rücken zu kehren. In dieser Zeit des Umbruchs tritt Maliina ihr Leben, und eine zarte Liebe erblüht, die sie zunächst nicht wirklich wahrhaben will, scheint ihr so viel Glück doch zu viel des Guten zu sein. Doch die Beiden raufen sich zusammen, gestehen sich ehrlich und direkt ihre Gefühl füreinander, gehen eine Beziehung ein, auch auf die Gefahr hin, an der großen Distanz zwischen Grönland und Dänemark zu scheitern. Im fernen Europa gelingt es ihr nur mühevoll, Anschluss zu finden, scheinen Grönländer*innen doch hier einen Exot*innenstatus zu genießen. Eine Hiobsbotschaft erreicht sie: Maliinas Cousine nimmt sich das Leben, ein weiterer Suizid in ihrer unmittelbaren Umgebung. Um ihrer Freundin zur Seite zu stehen, reist sie in die Heimat und besucht dort auch das „Tal der Blumen“, einen Friedhof für namenlos bleibende Tote, die selbst für die Beendigung ihres Lebens gesorgt haben. In ihr beginnt, etwas aufzubrechen und schließlich zu zerbrechen... „Du warst eine tickende Zeitbombe. Alle schienen nur darauf zu warten, dass es dir gelingen würde, du konntest nicht gerettet werden, du konntest dich nicht selbst retten, weil keiner daran geglaubt hat, dass es dir gelingen würde“ (S. 151) In Grönland ist die Quote der Suizid-Toten am höchsten, ein Faktum, das die bildet Grundlage für die Erzählung um die namenlose Protagonistin, die sich in ihrem Leben immer wieder mit dem selbst gewählten Lebensende von Freund*innen und Verwandten auseinandersetzen muss. Diese Konfrontation zerrt an ihrer Seele und führt zu einem ungleichen Kampf. Niviaq Korneliussen breitet ein Panorama der mir bislang völlig unbekannten Gesellschaft Grönlands aus, exemplifiziert an ihrer Ich-Erzählerin eine Generation junger Menschen, die sich einer gewissen Perspektivlosigkeit gegenübersieht. Auch die meteorologischen Umstände, die lang anhaltende Dunkelheit, sorgen für Schwermut und anhaltende Depressionen, Gemütszustände, die die Jugendlichen an den Rand des Ertragbaren führen. Die Protagonistin versucht, diesem Schicksal zu entgehen, sich eine Zukunft aufzubauen. Auch die Beziehung zu Maliina lässt sie hoffen, auch wenn es ihr schwerfällt, diesen positiven Emotionen zu vertrauen. Korneliussen lässt ihre Ich-Erzählerin wie ein gespanntes Gummiband auf die Welt los, zunehmend unberechenbar in ihren Reaktionen. Hat man als Leser*in zu Beginn hauptsächlich das Gefühl, über das Leben einer etwas schrägen, unsicheren jungen Frau zu lesen, so nimmt die Fragilität ihrer seelischen Konstitution mit fortschreitender Lektüre immer weiter zu. Korneliussen streut zu Beginn ihrer Kapitel Details über Suizid-Opfer ein und setzt damit einen klaren Ton für ihren Roman, kreiert eine Atmosphäre voller drohendem Unheil am Horizont. Gerade im letzten der drei Teile ziehen sich die erzählerischen Schlingen immer weiter zu und kulminieren in einem auch sprachlich-metaphorischen Gedanken- und Gefühlsstrom. Mit ihrer kreativen Narration, die das Innenleben der Protagonistin pointiert illustriert, macht Niviaq Korneliussen nahezu alles richtig. Ihre Erzählkomposition und -konstruktion ist stringent, nachvollziehbar und gleichzeitig besonders, ihre Figuren sind von mehrdimensionaler Tiefe, und sie schafft es brillant, ein so brisantes Thema wie die Häufigkeit von Selbstmorden in einer Gesellschaft zu einer persönlichen Geschichte voller Emotionen zu formen. Minimer Wehmutstropfen: Eben diese Emotionalität wollte sich bei mir final nicht mit vollster Wucht einstellen, ließ mich ein wenig auf Distanz, ohne dass ich diese konkret kausal benennen könnte. Deswegen: ein großartiger Roman, der uns Grönland und seine Einwohner*innen ein ganzes Stück näherbringt!

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Optisch eines der schönsten Bücher 2023 - und inhaltlich eines der heftigsten ist „Das Tal der Blumen“ der grönländischen Autorin Niviaq Korneliussen, die für diesen Roman mit dem Nordischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde, dem wichtigsten Buchpreis der nordeuropäischen Länder 🧡📚. Eine junge Grönländerin ist für ihr Studium gerade nach Dänemark gezogen und hat ihre Partnerin Maliina in ihrem Heimatland zurückgelassen. Dort angekommen, beschäftigen sie nicht nur die eigenen Schwierigkeiten, Anschluss im Unileben zu finden und die immense Sehnsucht nach Maliina zu bewältigen, sondern auch die gehäufte Selbstmordrate unter (meist) jungen GrönIänder*innen. Als sich die minderjährige Cousine ihrer Partnerin das Leben nimmt, kehrt die Erzählerin in ihre Heimat zurück. Sie beginnt Nachforschungen über die Beweggründe anzustellen und erinnert sich in Rückblenden an die dunklen Seiten ihrer eigenen Familiengeschichte; gleichzeitig gerät ihre eigene Psyche immer mehr ins Schlingern. Sie hadert mit ihrem Gewicht, fühlt sich nirgends zu Hause, immer wieder erfährt sie Rassismus in vielerlei Ausprägungen. Die Autorin schreibt eindringlich und schonungslos über die Verzweiflung der Menschen in Grönland, die nur den Tod als Ausweg sehen. Den Roman durchziehen alle paar Seiten kurze Einblendungen weiterer Fälle, die numerisch geführt werden. Wie sie es schafft, als weiteren Pfeiler des Romans auch die Liebesgeschichte einzubinden, die so leicht und sinnlich beginnt, finde ich überaus gelungen. Sie schreibt sehr direkt und offen über die Liebe zwischen Frauen, sehr körperlich, herb und intensiv. Das mag den ein oder anderen too much sein - für mich war es schlüssig und genial eingebettet in die Story. Mit der Protagonistin wurde hier eine widersprüchliche und unglaublich authentische Figur erschaffen, die mich sehr fasziniert und ja, auch mein Herz gebrochen hat. Aus dem Dänischen übersetzt von Franziska Hüther

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